Drahtseilakt

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bavaria123 Avatar

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Das Cover ist für mich schon ein Hingucker. Eine junge Frau bei einem Drahtseilakt vor dem Himmel. Ja, und in gewisser Weise passt dieses Bild auch zur Geschichte, mehr noch als der Titel "Die Ewigkeit ist ein guter Ort".

Den Anfang des Buches fand ich humorvoll, und auch nachvollziehbar. Als norddeutsche Seele hat man es nicht unbedingt so mit dem Karneval und empfindet manches dann etwas befremdlich. So wie es der Protagonistin Elke in Köln ergeht, so erging es mir, als ich in Mainz diese fünfte Jahreszeit erleben durfte.
Auch den Ansatz der "Gottdemenz", den die junge Theologin erfährt, ist zunächst einmal ein guter Ausgangspunkt. Elkes direkter Draht, ihre innere Verbindung zu Gott ist plötzlich gekappt und sie hat die Möglichkeit das auch als Chance zu sehen. Wo steht sie? Als Theologin beziehungsweise Seelsorgerin, als Tochter eines Pastors und seiner Frau, als Frau, aber auch als Mensch, der ein schweres Erlebnis der Vergangenheit verdrängt.

Der Schreibstil von Tamar Noort überzeugt mich sehr. Sie formuliert ausgesprochen lebhaft und mit vielen philosophischen Gedanken, wie zum Beispiel auf Seite 41 " Ich war wie ein Brummkreisel, so ein altes Blechding, das sich ausschließlich um sich selbst dreht und dabei niemals von der Stelle kommt."

Die Geschichte wird aus der Sicht der Elke in "Ich-Form" geschrieben. Und das ist vielleicht für mich genau der große Fehler. Ich konnte mich mit dieser in jeder Hinsicht sehr bequemen, egozentrischen, nölenden, sich dahin treibenden Frau so gar nichts anfangen.

In unserem Sprachgebrauch bedeutet die von mir eingangs zitierte Redewendung von einem Drahtseilakt, ein gefährliches oder schwieriges Unterfangen durch zu führen, bei dem der Agierende die Balance zwischen zwei Gegensätzen behalten muss.
Elke kommt in diese Lage, als sie zwischen ihrem Freund Jan und dem Artisten Lukas eine Balance halten müsste.

Am besten gefallen hat mir eigentlich das Papageienweibchen Gertrude, mit großer Klappe und dem Herz am rechten Fleck. Und dann Eva, eine Bekannte aus Elkes Jugendzeit.

Aufgrund dessen, dass ich mit der Protagonistin überhaupt nicht warm geworden bin und ihre Handlungsweise zum ganz großen Teil nicht nachvollziehen konnte, kann ich trotz der wirklich tollen Sprache dem Buch lediglich drei Sterne geben.