Gott verloren und nicht nur das

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murphy12 Avatar

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Elke, genannt Ellie arbeitet nach Abschluss des Teleologie Studiums ehrenamtlich als Seelsorgerin in einem Seniorenheim. So fühlt sie sich eigentlich ganz wohl. Perspektivisch weiß sie beruflich nicht, was sie tun möchte. Sie könnte beispielsweise die Gemeinde ihres Vaters übernehmen; er wünscht sich dieses. Sie hat sich jedoch ein Jahr Bedenkzeit genommen, das jedoch eher dahinplätschert. Zu ihren Eltern und Schulfreunden bzw. Personen aus ihrer Kindheit hält sie kaum Kontakt. Auch ihre Beziehung erscheint nicht sonderlich stabil. Sie teilt ihre Sorgen nicht mit ihrem Freund, nimmt nicht an seinen Interessen teil und hat ihn noch nie mit in ihr Elternhaus genommen. Sie separiert sich eher von ihrem Umfeld und auch das Leben der Eltern verläuft von ihr unbemerkt. Nur an ihrem Glauben zu Gott hält sie –schon fast stoisch- fest. Verleugnet ihn und seine Bedeutung für sie aber trotzdem bei Bedarf auch z.B. gegenüber den Eltern ihres Freundes.
Direkt zu Beginn des Buches stellt Ellie bestürzt fest, dass sie das „Vater unser“ plötzlich nicht mehr aufsagen kann. Dieser partielle Gedächtnisschwund kommt natürlich zur Unzeit, denn sie möchte mit einer sterbenden Dame aus dem Seniorenstift beten, um ihr einen letzten Wunsch zu erfüllen. Aufgeschreckt durch dieses Ereignis spricht Ellie mit ihrem Arbeitgeber, ihrem Freund Jan und mit Ärzten- kann aber keine Hilfe bei ihrem Problem bekommen.
Der Leser begleitet Ellie durch ihre Welt und erfährt immer tiefergehende Sorgen von ihr, die erst nach und nach Scheibchenweise offengelegt werden und nicht nur die Religion betreffen. Dieser Aufbau ermöglicht eine umfassendere Darstellung von Ellie und ihren zwischenmenschlichen Beziehungen. Es ist ansprechend und flüssig geschrieben. Da nicht sonderlich viele Protagonisten in der Geschichte auftauchen, konnten sie je nach Gewichtung in der Erzählung nachvollziehbar herausgearbeitet werden. Das hat mir gut gefallen.
Es ist kein „Feel-good“ Roman und es ist auch nicht alles geklärt und eingerenkt am Ende der Geschichte, aber Ellie befindet sich auf einem Weg, der schlussendlich in die richtige Richtung führt und es hat mir sehr viel Spaß gemacht, sie dabei zu begleiten, auch wenn die Geschichte zeitweise traurig und belastend war.
Dieses Buch ist eine Bereicherung.