Wenn etwas Entscheidendes wegbricht, muss man sich neuen Halt suchen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
sofiewalden Avatar

Von

Elke, Ende 20, studierte Theologin, ist es schon fast vorbestimmt, Pastorin zu werden, denn genau das erwartet ihr Vater, selbst Pastor einer Gemeinde, von ihr. Sie könnte ja bald seine Nachfolgerin werden. Im Moment arbeitet sie als Seelsorgerin in einem Altenheim und dort passiert es dann auch, das Vaterunser, sie hat es einfach vergessen und ebenso Zitate aus der Bibel. Alles, was mit Gott und ihrem Glauben zu tun hat, sie kann es nicht mehr aussprechen, sich nicht mehr daran erinnern. Gottesdemenz ist der von ihr kreierte Begriff dafür und sie ist, wie sollte es auch anders sein, schockiert. Elke verordnet sich eine 'Auszeit' und macht sich dann auf die Suche, nach eben dem, was sie bisher als ihr Lebensfundament angesehen hat. Das klappt so nicht und so bleibt nur, sich den eigenen Dämonen zu stellen, Druck und Erwartungen von anderen abzustreifen und sich selbst zu hinterfragen und auch vor dem Tod ihres Bruders vor 15 Jahren und den Umständen, wie dies geschah, nicht mehr davonzulaufen.
Den Weg, den Elke einschlägt, das ist abwechslungsreich und schon manchmal auch irritierend. Da hat man das Gefühl, ihrem Erleben sehr nah zu sein, dann wieder fragt man sich, ob man hier eine Heranwachsende vor sich hat oder eben eine erwachsenen Frau, die in Planung hat, der Rückhalt einer ganzen Kirchengemeinde zu sein. Aufgefangen werden die kleinen Holprigkeiten in der Geschichte aber sehr schön durch den Schreibstil und die feine Mischung aus Einfühlsamkeit, bildhafter Beobachtung und Humor, die die Verfasserin ihrem Debütroman angedeihen lässt.
Jeder muss seinen Weg selbst finden. Die Geschichte dazu, ich fand sie interessant und sehr unterhaltsam. Und ich bin gespannt, was die Autorin als nächstes für ein Thema aufgreifen wird.