Zweispältig

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chiclana Avatar

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Elke hat Theologie studiert und jobbt im Seniorenheim als Seelsorgerin. Als sie bei einer Sterbebegleitung mit der alten Dame beten soll, fallen ihr die jahrelang verinnerlichten Worte nicht mehr ein und auch danach tut sie sich schwer mit allen Gebeten und Bibeltexten, sie nennt das Gottdemenz und zweifelt.

Ein interessanter Start, ungewöhnlich und fesselnd geschrieben. Warum Elke trotz Studienabschluss nur jobbt, hat sich mir zwar nicht erschlossen. aber auch nicht weiter gestört, denn ich fand Elke und ihre Gedanken interessant.

Sie lebt mir ihrem Freund Jan zusammen, der ihr genaues Gegenteil ist. Er ist strukturiert, nüchtern, kann kochen, pflegt seinen Garten und hat mit der Kirche nichts am Hut.

Im Laufe der Zeit wird immer deutlicher, dass die beiden sich eigentlich überhaupt nicht kennen und auch nichts miteinander anzufangen wissen. Was und warum sie dann zusammenkamen und zusammengeblieben sind? Eins der Rätsel in diesem Buch.

Elke leidet vor sich hin, bemitleidet sich selbst, jammert dass sie keiner versteht, erzählt allerdings auch niemandem, was sie eigentlich plagt. Das fand ich auf die Dauer nervig, sie wirkte teilweise wie ein bockiger Teenager, nicht wie eine erwachsene Frau. Am schlimmsten fand ich dabei, dass sie sich oft völlig rücksichtlos verhält, ihr kindisches Getue aber völlig korrekt findet. Sie trampelt auf allem und jedem rum, findet das in Ordnung und will dafür noch bemitleidet werden.
Ja, sie hat leidet immer noch unter dem frühen Unfalltod ihres Bruder, aber sorry, das rechtfertigt auch nicht alles.

Und obwohl ich Elke nicht sonderlich gut leiden konnte und sie mir in manchen Szenen ziemlich auf die Nerven ging, habe ich ihre Geschichte irgendwie gern gelesen. Manche ihrer Sätze und Gedanken fand ich treffend oder berührend.

Was mich überhaupt nicht überzeugt hat, dass es irgendjemanden auffallen würde, wenn ein Pfarrer eine jahrealte Predigt (egal ob normaler Gottesdienst oder Beerdigung) noch einmal halten würde. Aber ich lasse mich gern vom Gegenteil überzeugen. ;-)