Von gefährlich mächtigen, zerbrechenden und starken Familien: beeindruckende Erzählkunst

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gluexklaus Avatar

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Normalerweise sprechen mich Romane, die die Mafia zum Thema haben, überhaupt nicht an. Daher wäre Naomi Krupitskys Buch fast an mir vorbeigegangen. Das Titelbild ist zwar durch die Farbkontraste auffällig und durch die fehlenden Gesichter irgendwie geheimnisvoll, hat mich auf den ersten Blick aber nicht umgehauen. Ich habe dann schließlich doch angefangen zu lesen, weil mich die Inhaltsangabe im Klappentext neugierig gemacht hat. Meine Erwartungen wurden von der Leseprobe übertroffen. Wow!
Ich bin absolut begeistert, von der Art und Weise, wie Autorin Naomi Krupitsky erzählt. Sie schreibt derart intensiv und anschaulich, dass es wirklich schwer fällt, sich dem Sog der Geschichte zu entziehen. Im Prolog geht es beispielsweise um eine Waffe. Schon dieser kurze Abschnitt zeigt, wie gut und versiert die Autorin mit Worten umgehen kann. Sie schreibt über Waffen, feuert Worte ab und trifft mit jedem Satz ins Schwarze.
Sätze wie „Im Herbst 1928 gehen Sofia und Antonia zum ersten Mal in die Schule, und mit jedem Tag verdoppelt sich die Größe der Welt.“ machen für mich große Erzählkunst aus. Ein kurzer, kleiner Satz, der soviel sagt und das auf poetische, bildhafte Weise.

Auch die Geschichte reizt mich überraschenderweise sehr. Zwei Mädchen Antonia und Sofia, die in den Zwanzigern in New York unter ähnlichen Umständen aufwachsen und sich doch so unterschiedlich entwickeln. Schwer vorstellbar, wenn „die Familie“ im Grunde das gesamte Familienleben bestimmt. Ein Tanz mit dem Teufel, der verständlicherweise Antonias Vater Carlo belastet und überfordert.
Die Hauptfiguren überzeugen mich ebenso. Ich finde die Darstellung ihrer komplexen Persönlichkeit sehr gelungen. Schon in der kurzen Leseprobe ist zu erkennen, dass die Figuren nicht nur oberflächlich abgehandelt werden. Die Autorin begnügt sich nicht mit halben Sachen, sie geht sofort in die Tiefe. Was für eine faszinierende Personenkonstellation!

Dieses Buch möchte ich unbedingt weiterlesen. Selten hat mich eine kurze Leseprobe, die ich zuerst eigentlich gar nicht lesen wollte, so beeindruckt. Ich muss wissen, wie es mit Sofia und Antonia weitergeht, ob sie es schaffen „die Familie“ hinter sich zu lassen.