Das ist ein Buch, das man nicht mehr aus der Hand legen kann!

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regina1960 Avatar

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Ich bin nicht unbedingt ein Fan von Kriminalromanen, dennoch hatten mich der interessante Klappentext und das ausdrucksstarke Cover zu Susanne Tägders Buch „Die Farbe des Schattens“ neugierig gemacht. Ich wurde wahrhaft nicht enttäuscht, der Roman mit seinen etwas mehr als 300 Seiten hat mich so fasziniert und in seinen Bann gezogen, dass ich einfach nicht mehr aufhören konnte zu lesen. In 2 Tagen hatte ich es ausgelesen, und mir gleich danach sofort ein weiteres Buch der mir bis dahin unbekannten Autorin bestellt, denn Tägdar schreibt einfach so unfassbar gut! In diesem Roman geht es um den elfjährigen Matti Beck, der in einer Plattenbausiedlung im Mönkebergviertel in Mecklenburg, gemeinsam mit seinen Eltern und zwei Geschwistern, lebt. Wir schreiben das Jahr 1992, die Zeiten nach der Wende sind trist, die Menschen frustriert, teilweise sehr perspektivlos, es herrschen Arbeitslosigkeit und allgemein ein Gefühl der Orientierungslosigkeit. Matti wird am frühen Abend noch zum Einkaufen geschickt, es fehlt noch ein Brot, und kehrt nicht mehr zurück nach Hause. Es beginnt eine verzweifelte Suchaktion nach dem Jungen, schließlich findet man ihn ermordet in einem dusteren Kellerraum in einem leerstehenden Gebäude. Mit der Aufklärung beschäftigen sich fortan der leitende Hauptkommissar Groth und sein Team, und begeben sich auf akribische Tätersuche. Der erfahrene Ermittler holt noch seinen ehemaligen Kollegen Gerstacker mit ins Boot, denn das Verschwinden von Matti weckt Erinnerungen an einen ungeklärten Mord an einem anderen Jungen, der sich ebenfalls vor Jahren in derselben Gegend ereignet hat. Gerstecker ermittelte damals erfolgslos in dem Fall, wurde im Zuge der Wende vom Dienst suspendiert wegen einer verschwiegenen Verbindung zur Stasi. Gibt es Parallelen, handelt es womöglich um den gleichen Täter? Wie Susanne Tägder von Anfang an die einzelnen Protagonisten mit ihren Charakteren herausarbeitet, ist dann einfach einzigartig. Die Autorin nimmt einen mit in deren Gedankenwelt, als Leser lebt und fühlt man beispielsweise mit Ermittler Groth, der immer wieder eingeholt wird von den Erinnerungen an seine verstorbene Tochter. Eingearbeitet werden dann noch geschickt Einzelschicksale, die auf den ersten Blick nichts mit dem Geschehen zu tun haben, zum Schluss aber dennoch eine Rolle spielen für die Ermittlungen. Dabei blickt die Autorin einfühlsam, dennoch mit scharfem Blick, auf den tiegreifenden Umbruch in der ehemaligen DDR, drei Jahre nach dem Mauerfall und die daraus resultierenden sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftliche Konsequenzen: Leerstehende, verfallende Gebäude, Abwanderung junger Menschen, die im Westen bessere Chancen sahen, Perspektivlosigkeit durch den Verlust der Arbeitsplätze, was den Boden nährte für die Entwicklung von „braunen Zellen“. Tägder legt hier bewusst die Finger in die Wunde der Anfangsschwierigkeiten und sozialen Spannungen der Nachwendezeit, die Anhänger mobilisierten und die Wiedervereinigung nutzten, um ihre Propaganda zu verbreiten. Fazit: Der Roman bleibt fesselnd bis zum Schluss, und ist ein außergewöhnlich intensiv geschriebener Krimi. Für mich wohltuend und begrüßenswert, dass er auf Grausamkeiten oder brutale Szenen nahezu verzichtet, und dennoch so intensiv und fesselnd ist, dass man einfach nicht genug davon bekommen kann. Der Schreibstil von Susanne Tägder ist einzigartig und verdient für mein Empfinden weit mehr als 5 Sterne!