Der Rachefeldzug

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dicketilla Avatar

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Piere Lemaintre beginnt seine Geschichte mit einem Trauerzug. Der Bankier Marcel Pericourt wird zu Grabe getragen, ein einflussreicher und bekannter Mann. Doch diese traurige Situation findet eine tragische Unterbrechung. Sein Enkel Paul stürzt unerwartet aus dem Fenster, landet direkt auf dem Sarg seines Großvaters. Was für eine groteske Vorstellung. Madeleine, Mutter von Paul, Alleinerbin des Bankiers, fällt in eine tiefe Hilflosigkeit. Fortan gilt nur noch die Sorge um ihren Sohn. Falsches Vertrauen in den Prokuristen der Bank, Neid des verschwenderischen Onkels und ein Liebhaber der zu Höherem bestimmt scheint, werden zu ihrem Verhängnis.

Schon von Beginn an ist man von der Kunstfertigkeit, mit der der Autor seine Geschichte erzählt, fasziniert. Eine Frau, der das Schicksal so übel mitspielt wächst Schritt für Schritt aus sich heraus.
Sie die sich bisher nur um sich selbst kümmerte, steht plötzlich vor einer scheinbar unlösbaren Situation. Und sie findet Mitstreiter, die ihr sehr behilflich auf ihrem Rachefeldzug sind, wenn auch nicht unbedingt freiwillig.
Teilweise erinnerte mich die Art und Weise wie sie vorgeht, an Edmont Dantes, einer Figur aus einem Roman Alexander Dumas.

Die Charaktere werden mit ihrer Vielschichtigkeit meisterhaft in die Handlung eingebaut. Jeder wird durch seine Eigenart, seiner Verletzlichkeit, Boshaftigkeit gezeigt. Besonders humorvoll die junge Polin Vladi, der ich sehr gerne begegnet bin. Aber auch Paul, der zum Ende der Geschichte immer mehr Farbe bekommt. Selbst die hässlichen Töchter des Onkels geben der Handlung den gewissen Esprit. Selbst die Freizügigkeit der 20er Jahre findet ihren Platz.
Als eine besonders reizvolle Idee empfand ich den imaginären Erzähler, der unverhofft plötzlich im Text auftaucht, an bereits Erzähltes erinnert, nähere Hinweise gibt.
Es ist aber auch eine Geschichte, die das Sittenbild einer Gesellschaft aufzeigt, das voller Hass, Habgier und Neid agiert. Einer Zeit, in der sich der Nationalsozialismus entfaltet, die Hatz auf jüdische Mitbürger ihren Weg bahnt.

Ein herausragendes Buch, dem ich viele neugierige Leser wünsche, die einen gewissen Anspruch an eine Geschichte legen.