Debüt mit Defiziten
Die feindliche Zeugin von Alexandra Wilson
erschienen bei Suhrkamp
Zum Buch
Es überraschte sie wenig, dass die Hautfarbe des Angeklagten sofort Thema bei dieser Tat war.
Seite 37
Neben diesem Satz gibt es noch einen weiteren, der ebenfalls auf die Hautfarbe anspielt. Aber bis auf diese beiden Sätze ist mir persönlich nichts weiter aufgefallen, was ich mir in Bezug auf Rassismus in diesem Buch vorgestellt hatte. Ich hatte gedacht, dass dieses Thema eine größere Rolle einnehmen würde, was aber nicht so war. Bei dem größten Teil der Geschichte hat man auch nicht nur einen Augenblick überlegt, welche Hautfarbe hier vorrangig herrscht oder welche Vorurteile ans Licht kommen.
Die Story startet gleich mit dem Vorfall, der mit einem Toten und einer Verhaftung endet. Es wird sehr schnell und knapp erzählt, was aber auch zu späteren Zeugenaussagen passt.
Weiß zu sein war nach wie vor die Norm, alles andere machte einen zu etwas „anderem“.
Seite 37
Rosa ist Anwältin und sieht mit diesem Fall ihrem ersten Mordprozess entgegen. Sie ist kompetent und geht in ihrem Job auf. Vielleicht ein bisschen zu sehr, denn sie verpasst ständig private Termine mit ihrer Großmutter – alles zugunsten ihrer Arbeit. Hier gibt es im späteren Verlauf noch eine Situation, die mir Rosa als höchst unsympathisch erscheinen ließ. Jeder Mensch reagiert anders, aber es gibt bestimmte Ereignisse, da sollte man dem Privatleben Vorrang geben und nicht der Arbeit. Rosa ist für ihre Arbeit immer adrett in ihrer Robe gekleidet, trägt ihre Perücke und achtet stets auf ihr Auftreten. Zuhause hat die junge Frau nicht einmal saubere Wäsche – ein krasser Gegensatz, der ebenfalls ihre Prioritäten widerspiegelt.
Emmett lebt wie Rosa bei seiner Großmutter, aber hier herrscht ein gänzlich anderes Verhältnis. Emmett kümmert sich und ist sehr besorgt um seine Großmutter, während er in Untersuchungshaft einsitzt. Seinen Anwälten gegenüber erscheint der junge Mann sehr unkooperativ, was deren Arbeit nicht gerade leichter macht. Mich wunderte, warum er so agierte.
Die Geschichte hat jetzt keinen Spannungsbogen muss ich sagen. Sie ist als Thriller deklariert, aber davon sind wir – im klassischen Sinne - weit entfernt. Es spielt sich alles im Gerichtssaal oder im Gefängnis ab, ein wenig Privatleben von Rosa wird ebenfalls gezeigt. Ich möchte nicht sagen, dass ich Gerichtsthriller nicht mag, aber ich hatte mir hier doch einiges anders vorgestellt. Die Authentizität der Figuren und auch des Aufbaus eines Prozesses erschien mir sehr hoch. Was ich aber bei einer Autorin, die selbst Anwältin ist, nicht anders erwartet hatte. Es war auf jeden Fall interessant, den Fall zu verfolgen, auch wenn ich mit einigen Dingen nicht einverstanden bin. So ist dies zum einen die zeitliche Abfolge und die Geburtsdaten der Figuren. Die Geschichte spielt im Jahr 2023. Emmett`s Alter wird erst mit 18 Jahren angegeben, bei der Befragung ist er aber 2001 geboren. Bei Rosa wird erst erwähnt, dass sie 30 Jahre alt ist, ihre Mutter aber schon seit 35 Jahren kennt. Genauso gab mir der Tag des Mordes Rätsel auf. Im Klappentext steht Herbst 2023, auf Seite 51 wird dann der 1. Juli angegeben und nicht einmal 20 Seiten weiter reden wir vom 4. September. Letzteres wird dann auch wiederkehrend erwähnt, aber Rosas Großmutter hat einen Termin zum Elternabend am 25. August. Ich war nicht nur verwirrt, sondern auch ein wenig ärgerlich. Denn auf so etwas müsste in erster Linie die Autorin selbst achten (vor allem, wenn man sich Zeitschienen und Excel-Tabellen dazu erstellt laut Danksagung) und in nächster Instanz schauen ja auch noch andere Leute über den Text drüber. Sorry, aber für mich haben sie alle ihren Job in dieser Beziehung nicht erledigt.
Zu meinem Fazit
Ich hatte mir viel von diesem Buch versprochen und wurde leider etwas enttäuscht. Die Autorin hat viel Authentizität mit eingebracht, aber an anderen Stellen haperte es in meinen Augen. Von kraftvoll, spannend und vielen Twists kann ich leider nicht sprechen. Es werden auch etliche Kleinigkeiten angerissen, aber nicht zu Ende geführt. Genauer kann ich es nicht ausführen, da ich sonst spoilern würde. Bei diesen Dingen geht es nicht um wichtige Erkenntnisse für die Story selbst, aber trotzdem sollte man doch etwas genauer dann darauf eingehen. Die Auflösung passte für mich ebenso wenig zusammen, wie die angesprochene Zeitlinie. Ergab für mich an mehreren Stellen keinen Sinn. Ich hatte auch gedacht, dass es mehr um Rassismus gehen würde, aber auch dies blieb aus. Versteht mich nicht falsch, aber wenn es im Klappentext darum geht, dass ein schwarzer Jugendlicher einen weißen Mann ermordet, müsste dem Thema doch ein wenig mehr als ein paar Sätze gewidmet werden, oder?
Empfehlenswert ist dieses Buch auf jeden Fall für Fans von Gerichtsprozessen, aber wer einen hohen Spannungsbogen erwartet und so wie ich sich unter dem Klappentext etwas anderes vorstellt, der wird nur eine mittelmäßige Geschichte mit Defiziten vorfinden.
„Also, für mich spielt es keine Rolle, ob Sie die Tat begangen haben oder nicht. Meine Aufgabe als ihr Anwalt ist es, dafür zu sorgen, dass die Krone nicht beweisen kann, dass Sie es waren.“
Seite 74
Zum Inhalt
Ost-London, heute. Ein schwarzer Jugendlicher, Emmett, wird wegen Mordes verhaftet, er soll einen Weißen bei einem Handgemenge erstochen haben. Die Beweise gegen ihn sind erdrückend: Zwei Zeugen, eine Mutter und ein Lehrer, haben gesehen, wie er in einem Park bei der Leiche stand, die Tatwaffe noch in der Hand.
Angesichts der Vorverurteilung der Presse, einer blütenweißen Jury und eines weitgehend weißen Justizsystems stehen seine Chancen schlecht. Aber er bekommt Rosa Mercedes Higgins als Strafverteidigerin. Auch sie ist schwarz. Und sie ist ehrgeizig, absolut auf ihre Arbeit und ihr Gerechtigkeitsgefühl fixiert und extrem hartnäckig. Und sie ahnt, dass hier etwas nicht stimmen kann. Der Junge stammt aus ihrem Viertel. Aus einer guten Familie. Also beginnt sie zu graben ...
Während Rosa ein schreckliches Geheimnis nach dem anderen aufdeckt, kommt sie einer Aussage näher, die den Fall gewinnen ‒ oder das ganze Establishment gegen sie aufbringen könnte.
(Quelle: Verlag)
Zum Autor
Alexandra Wilson, geboren in East London, ist auf Straf- und Familienrecht spezialisierte Anwältin und Bestsellerautorin des Sachbuchs In Black and White. Sie studierte in Oxford, anschließend an der BPP University in London mit einem Graduate Diploma in Law (GDL) und einem Master of Laws. Sie erhielt das erste Queenʻs Scholarship der Honourable Society of the Middle Temple, ein Stipendium, das an Studenten vergeben wird, die sich als besonders vielversprechend für eine Karriere in der Anwaltschaft erweisen. Gleichzeitig arbeitet sie pro bono für benachteiligte Minderheiten. Die feindliche Zeugin ist ihr erster Roman.
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366 Seiten
übersetzt von Karin Diemerling
ISBN 978-3-518-47486-0
Preis: 18 Euro
erschienen bei https://www.suhrkamp.de/
Leseprobe https://www.suhrkamp.de/buch/alexandra-wilson-die-feindliche-zeugin-t-9783518474860
© Cover und Zitatrechte liegen beim Verlag
erschienen bei Suhrkamp
Zum Buch
Es überraschte sie wenig, dass die Hautfarbe des Angeklagten sofort Thema bei dieser Tat war.
Seite 37
Neben diesem Satz gibt es noch einen weiteren, der ebenfalls auf die Hautfarbe anspielt. Aber bis auf diese beiden Sätze ist mir persönlich nichts weiter aufgefallen, was ich mir in Bezug auf Rassismus in diesem Buch vorgestellt hatte. Ich hatte gedacht, dass dieses Thema eine größere Rolle einnehmen würde, was aber nicht so war. Bei dem größten Teil der Geschichte hat man auch nicht nur einen Augenblick überlegt, welche Hautfarbe hier vorrangig herrscht oder welche Vorurteile ans Licht kommen.
Die Story startet gleich mit dem Vorfall, der mit einem Toten und einer Verhaftung endet. Es wird sehr schnell und knapp erzählt, was aber auch zu späteren Zeugenaussagen passt.
Weiß zu sein war nach wie vor die Norm, alles andere machte einen zu etwas „anderem“.
Seite 37
Rosa ist Anwältin und sieht mit diesem Fall ihrem ersten Mordprozess entgegen. Sie ist kompetent und geht in ihrem Job auf. Vielleicht ein bisschen zu sehr, denn sie verpasst ständig private Termine mit ihrer Großmutter – alles zugunsten ihrer Arbeit. Hier gibt es im späteren Verlauf noch eine Situation, die mir Rosa als höchst unsympathisch erscheinen ließ. Jeder Mensch reagiert anders, aber es gibt bestimmte Ereignisse, da sollte man dem Privatleben Vorrang geben und nicht der Arbeit. Rosa ist für ihre Arbeit immer adrett in ihrer Robe gekleidet, trägt ihre Perücke und achtet stets auf ihr Auftreten. Zuhause hat die junge Frau nicht einmal saubere Wäsche – ein krasser Gegensatz, der ebenfalls ihre Prioritäten widerspiegelt.
Emmett lebt wie Rosa bei seiner Großmutter, aber hier herrscht ein gänzlich anderes Verhältnis. Emmett kümmert sich und ist sehr besorgt um seine Großmutter, während er in Untersuchungshaft einsitzt. Seinen Anwälten gegenüber erscheint der junge Mann sehr unkooperativ, was deren Arbeit nicht gerade leichter macht. Mich wunderte, warum er so agierte.
Die Geschichte hat jetzt keinen Spannungsbogen muss ich sagen. Sie ist als Thriller deklariert, aber davon sind wir – im klassischen Sinne - weit entfernt. Es spielt sich alles im Gerichtssaal oder im Gefängnis ab, ein wenig Privatleben von Rosa wird ebenfalls gezeigt. Ich möchte nicht sagen, dass ich Gerichtsthriller nicht mag, aber ich hatte mir hier doch einiges anders vorgestellt. Die Authentizität der Figuren und auch des Aufbaus eines Prozesses erschien mir sehr hoch. Was ich aber bei einer Autorin, die selbst Anwältin ist, nicht anders erwartet hatte. Es war auf jeden Fall interessant, den Fall zu verfolgen, auch wenn ich mit einigen Dingen nicht einverstanden bin. So ist dies zum einen die zeitliche Abfolge und die Geburtsdaten der Figuren. Die Geschichte spielt im Jahr 2023. Emmett`s Alter wird erst mit 18 Jahren angegeben, bei der Befragung ist er aber 2001 geboren. Bei Rosa wird erst erwähnt, dass sie 30 Jahre alt ist, ihre Mutter aber schon seit 35 Jahren kennt. Genauso gab mir der Tag des Mordes Rätsel auf. Im Klappentext steht Herbst 2023, auf Seite 51 wird dann der 1. Juli angegeben und nicht einmal 20 Seiten weiter reden wir vom 4. September. Letzteres wird dann auch wiederkehrend erwähnt, aber Rosas Großmutter hat einen Termin zum Elternabend am 25. August. Ich war nicht nur verwirrt, sondern auch ein wenig ärgerlich. Denn auf so etwas müsste in erster Linie die Autorin selbst achten (vor allem, wenn man sich Zeitschienen und Excel-Tabellen dazu erstellt laut Danksagung) und in nächster Instanz schauen ja auch noch andere Leute über den Text drüber. Sorry, aber für mich haben sie alle ihren Job in dieser Beziehung nicht erledigt.
Zu meinem Fazit
Ich hatte mir viel von diesem Buch versprochen und wurde leider etwas enttäuscht. Die Autorin hat viel Authentizität mit eingebracht, aber an anderen Stellen haperte es in meinen Augen. Von kraftvoll, spannend und vielen Twists kann ich leider nicht sprechen. Es werden auch etliche Kleinigkeiten angerissen, aber nicht zu Ende geführt. Genauer kann ich es nicht ausführen, da ich sonst spoilern würde. Bei diesen Dingen geht es nicht um wichtige Erkenntnisse für die Story selbst, aber trotzdem sollte man doch etwas genauer dann darauf eingehen. Die Auflösung passte für mich ebenso wenig zusammen, wie die angesprochene Zeitlinie. Ergab für mich an mehreren Stellen keinen Sinn. Ich hatte auch gedacht, dass es mehr um Rassismus gehen würde, aber auch dies blieb aus. Versteht mich nicht falsch, aber wenn es im Klappentext darum geht, dass ein schwarzer Jugendlicher einen weißen Mann ermordet, müsste dem Thema doch ein wenig mehr als ein paar Sätze gewidmet werden, oder?
Empfehlenswert ist dieses Buch auf jeden Fall für Fans von Gerichtsprozessen, aber wer einen hohen Spannungsbogen erwartet und so wie ich sich unter dem Klappentext etwas anderes vorstellt, der wird nur eine mittelmäßige Geschichte mit Defiziten vorfinden.
„Also, für mich spielt es keine Rolle, ob Sie die Tat begangen haben oder nicht. Meine Aufgabe als ihr Anwalt ist es, dafür zu sorgen, dass die Krone nicht beweisen kann, dass Sie es waren.“
Seite 74
Zum Inhalt
Ost-London, heute. Ein schwarzer Jugendlicher, Emmett, wird wegen Mordes verhaftet, er soll einen Weißen bei einem Handgemenge erstochen haben. Die Beweise gegen ihn sind erdrückend: Zwei Zeugen, eine Mutter und ein Lehrer, haben gesehen, wie er in einem Park bei der Leiche stand, die Tatwaffe noch in der Hand.
Angesichts der Vorverurteilung der Presse, einer blütenweißen Jury und eines weitgehend weißen Justizsystems stehen seine Chancen schlecht. Aber er bekommt Rosa Mercedes Higgins als Strafverteidigerin. Auch sie ist schwarz. Und sie ist ehrgeizig, absolut auf ihre Arbeit und ihr Gerechtigkeitsgefühl fixiert und extrem hartnäckig. Und sie ahnt, dass hier etwas nicht stimmen kann. Der Junge stammt aus ihrem Viertel. Aus einer guten Familie. Also beginnt sie zu graben ...
Während Rosa ein schreckliches Geheimnis nach dem anderen aufdeckt, kommt sie einer Aussage näher, die den Fall gewinnen ‒ oder das ganze Establishment gegen sie aufbringen könnte.
(Quelle: Verlag)
Zum Autor
Alexandra Wilson, geboren in East London, ist auf Straf- und Familienrecht spezialisierte Anwältin und Bestsellerautorin des Sachbuchs In Black and White. Sie studierte in Oxford, anschließend an der BPP University in London mit einem Graduate Diploma in Law (GDL) und einem Master of Laws. Sie erhielt das erste Queenʻs Scholarship der Honourable Society of the Middle Temple, ein Stipendium, das an Studenten vergeben wird, die sich als besonders vielversprechend für eine Karriere in der Anwaltschaft erweisen. Gleichzeitig arbeitet sie pro bono für benachteiligte Minderheiten. Die feindliche Zeugin ist ihr erster Roman.
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Nachfolgende Links kennzeichne ich gemäß § 2 Nr. 5 TMG als Werbung:
366 Seiten
übersetzt von Karin Diemerling
ISBN 978-3-518-47486-0
Preis: 18 Euro
erschienen bei https://www.suhrkamp.de/
Leseprobe https://www.suhrkamp.de/buch/alexandra-wilson-die-feindliche-zeugin-t-9783518474860
© Cover und Zitatrechte liegen beim Verlag