Mehr Haltung als Spannung

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In „Die feindliche Zeugin“ zeichnet Alexandra Wilson das Bild eines ungerechten Justizsystems. Der Fall des jungen Emmett Hamilton, eines schwarzen Jugendlichen, der eines tödlichen Angriffs auf einen weißen Mann beschuldigt wird, sorgt für öffentliche Spannungen und wird zum persönlichen Prüfstein für die junge Strafverteidigerin Rosa Higgins.

Wilson verknüpft in ihrem Roman das Genre des Justizthrillers mit einer scharfen Auseinandersetzung über rassistische Strukturen in Großbritannien. Rosa, ambitioniert und emotional involviert, übernimmt das Mandat unter scheinbar aussichtslosen Umständen. Die Indizien sind erdrückend und die öffentliche Meinung vorgefertigt. Doch im Verlauf ihrer Recherchen stößt sie auf Unstimmigkeiten – und auf eine Vergangenheit des Opfers, die nicht ins Bild der idealisierten Unschuld passt.

Der Stil des Romans ist eher zurückhaltend und erinnert stellenweise fast an einen Bericht. Das kann je nach Lesart realistisch wirken – oder aber als etwas trocken und spannungsarm. Die Handlung entwickelt sich langsam und an manchen Stellen verliert sie sich in Nebenschauplätzen.

Alexandra Wilson gelingt es, strukturelle Vorurteile sichtbar zu machen und die Komplexität juristischer Verfahren anschaulich darzustellen. Trotz des wichtigen Themas bleibt der Roman in seiner erzählerischen Dynamik hinter den Erwartungen zurück.