Die erste Generation baut das Haus …

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biancaneve_66 Avatar

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Der wohlhabende Carl Fletcher wird 1980 vor seinem Haus in Long Island gekidnappt und nach Zahlung des Lösegelds wieder freigelassen. Doch selbst vierzig Jahre später bleiben die Spuren dieser Entführung noch in der ganzen Familie spürbar. Wie sich dieser dramatische Einschnitt bei jedem einzelnen der Fletchers auswirkt, beschreibt die Autorin auf humorvolle und doch teils beunruhigende Weise.
Das Cover erinnert mit seinen bunten Lettern an die 1980er Jahre, führt also gleich in die Zeit der Entführung; die Zeichnung des Hauses, aus welchem Flammen schlagen, verweist auf Unheil. Das Familienepos ist nach einer Einleitung in drei große Abschnitte unterteilt, diese wiederum in längere Kapitel. Schritt für Schritt und Familienmitglied für Familienmitglied wird die Geschichte um die reiche jüdische Fabrikantenfamilie aufgerollt. Die Sätze sind lang und verschachtelt, haben aber eine gewisse Sogwirkung, der man sich nicht entziehen kann. Die Schreibart ist so intensiv wie die Geschichte selbst.
Die Autorin lässt die jüdisch-amerikanische Familiengeschichte während einiger Jahrzehnte spielen. Dabei beobachtet sie die Charaktere und deren Leben sehr genau. Ein Personenverzeichnis gibt es nicht, dies ist aber auch gar nicht notwendig, da man alle Familienmitglieder sehr genau kennenlernt.
Der Vater des Entführten ist quasi mit leeren Händen in New York angekommen um den jüdisch-amerikanischen Traum zu verwirklichen, seine Nachkommen konnten bereits im Wohlstand aufwachsen, hatten alle Möglichkeiten, gehen aber auf ganz unterschiedliche Weise mit diesem Erbe um. Dazu kommen die Auswirkungen der Entführung, deren Trauma an die Kinder vererbt wurde. Sie alle leben regelrecht im Schatten dieser Entführung, ohne sich dessen aber bewusst zu werden.
Der Roman bietet zudem einen guten Einblick in das Leben einer jüdischen Familie, in deren Gebräuche, ihren Glauben und Aberglauben; außerdem erfährt man auch die Meinung von Außenstehenden, wie Nachbarn, über die Situation der reichen Fletchers.
Der Roman startet mit einer tatsächlich geschehenen Entführung, ist aber dennoch eine fiktive Geschichte. Eine Geschichte, die akribisch erzählt ist, die trotz der hohen Seitenanzahl nie langatmig wirkt; teils schockiert, immer fesselt und an sehr vielen Stellen auf humorvolle Weise verfasst ist.