Eine virtuose Familiengeschichte

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anana Avatar

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„Kann mir jemand sagen, warum diese Familie nur aus Verrückten besteht?“

Taffy Brodesser-Akner hat mit „Die Fletchers von Long Island“ eine höchst virtuose Familiengeschichte vorgelegt. Und um es vorwegzunehmen: Wer an der Serie „Succession“ seine Freude hatte, wird es auch an diesem Roman haben. Nicht nur ist der Humor sehr ähnlich, auch die Frage nach den Folgen geerbten Reichtums steht hier nämlich ebenfalls im Fokus.

Im Jahr 1980 wird der wohlhabende Unternehmer Carl Fletcher Fletcher entführt und erst nach fünf Tagen gegen Zahlung einer hohen Lösegeldsumme freigelassen. Jahre später versuchen seine drei erwachsenen Kinder immer noch mit den Folgen dieses Ereignisses und den sie begleitenden familiären Erwartungen umzugehen. Der älteste Sohn Nathan ist ein von tiefen Ängsten geplagter Rechtsanwalt mit Vorzeigefamilie, dessen Leben zunehmend aus den Fugen gerät. Der mittlere Sohn Beamer ist ein erfolgloser Drehbuchautor, der völlig in seinen Süchten aufgeht. Und die jüngste Tochter Jenny schafft es trotz ihrer akademischen Begabungen nicht, einen Sinn in ihren Leben zu finden. Doch plötzlich führen unerwartete Ereignisse dazu, dass sich die Karten neu zu mischen scheinen.

Auf sehr kurzweilige, bitterböse und temporeiche Weise taucht der Leser tief in das Familienleben ein. Keine der Protagonisten ist sympathisch, dennoch folgt man ihren Gedankengängen und Entscheidungen fasziniert. Geradezu soghaft entwickelt sich die Geschichte vor allem im zweiten Teil des Romans und das Ende hält nochmal einen besonderen Twist bereit. Zudem regen die gesellschaftskritischen Passen ungemein zum Nachdenken an.

Eine Leseempfehlung.