Grandios erzählt

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peppermintpatty Avatar

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Dieses Buch hätte ich beinahe verpasst, weil das Cover so nett ist. Es tut locker flockig, liegt aber ganz schwer im Magen. Dabei ist der Stil unfassbar großartig. Am Anfang wollte ich mir fast alles markieren. Das ist meisterhaft bissig, bitterböse ironisch, unverschämte Endlossätze, die einem fast ins Gesicht spucken: Da, nimm das! Wahrscheinlich ist das auch ein geniales Hörbuch.

Es geht um die Fletchers. Sie sind Fabrikbesitzer, steinreich, jüdisch, geben den Ton an in Long Island, aber die Entführung von Carl Fletcher in den 80ern hat keiner in der Familie verwunden. 40 Jahre später sieht man, wie sich das Trauma bei den verschiedenen Mitgliedern der Familie ausgewirkt hat. Sie haben im Grunde alles, aber niemand ist glücklich, alle sind verkorkst, versnobt, arrogant. Nach und nach tut sich ein ganzer Sumpf auf, wobei Carls Entführung gar nicht das eigentliche Problem zu sein scheint. Diese Menschen sind mehr durch Reichtum verkorkst, oben drauf noch ordentlich religiös-traditionelle Absurditäten. Und noch nach Jahren steht die Frage im Raum: Wer hat Carl entführt und wo ist das Lösegeld geblieben?

Das alles wird mit erlesenem Sarkasmus präsentiert, in einem Stil, bei dem man jeden dritten wunderbaren Satz einrahmen möchte.

„Er schlürfte Smoothies mit nicht weniger als 13 Superfoods und absolut keinem raffinierten Zucker. Es gab pochierte Jakobsmuscheln. Es gab Wildlachs. Es gab Hähnchen, die nur frisches Gras gefressen hatten; es gab Steaks von Kühen, die die besten Schulen besucht hatten.“

„Die Welt lag ihr zu Füßen. Und sie ließ sie liegen.“

Dieses Buch zu lesen ist das blanke Vergnügen, es seziert diese Gesellschaft, ist herrlich böse und witzig gleichzeitig. Ich habe ständig gelacht und auch gestaunt und am Ende bin ich tief beeindruckt.