Die Frau an der Schreibmaschine – New York in den 20er Jahren

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nicky_g Avatar

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Die 20er-Jahre in New York: Rose Baker arbeitet als Stenotypisten in einem Polizeirevier. Ihr Leben verläuft recht unauffällig und eintönig, bis eines Tages Odalie Lazare eingestellt wird. Die junge Frau beeindruckt durch ihre ungezwungene Art und gewinnt das Präsidium schnell für sich – inklusive Rose, die sogar in ihr schickes Apartment einzieht. Benommen von Reichtum, Überfluss und dem einnehmenden Wesen Odalies merkt Rose nicht, dass der wilde Tanz nahe am Abgrund ihr zum Verhängnis werden wird.

Der Roman erinnert in fataler Weise an „Der große Gatsby“, was nicht nur an demselben Zeitrahmen liegt, sondern auch an den Charakteren und dem vergleichbaren Milieu. Während Rose unscheinbar ist und schnell wieder in Vergessenheit gerät, fängt Odalie jeden mit ihrer Ausstrahlung ein. Rose ist hin- und hergerissen, ob sie Odalie mögen soll oder nicht, möchte aber von ihr gemocht werden, auch wenn sie behauptet, Odalie wäre ihr gleichgültig. Sie kommt mir wie ein Stalker vor, beobachtet, schreibt auf und entwendet Gegenstände, die sie wie Schätze hütet. Sie schwankt zwischen wann-spricht-sie-mich-an und hoffentlich-lässt-sie-mich-in-Ruhe.

Dadurch wirkt Rose reichlich naiv; sie kann Menschen nicht einschätzen und diese Fehleinschätzungen sind im Verlaufe der Geschichte etwas nervig, die sture Naivität teilweise unerträglich. Das hätte alles kürzer und somit für das Fortkommen des Romans schneller erzählt werden können, weil es stellenweise das Lesen sehr bemüht. So ziehen sich manche Kapitel ein wenig hin und man wartet gespannt, ob etwas passiert, was aber zum größten Teil ausbleibt. Auch die Andeutungen, dass man noch auf etwas zu sprechen kommen würde, verlaufen zu oft ins Leere.

Aber die präzisen Bilder, die die Beschreibungen der Umgebung prägen, sind wundervoll gewählt (Beispiel: „das sanfte Knacken der platzenden Seifenblasen war wie der Gesang einer Sirene.“ S. 105). Das Ende überrascht und ist fulminant erzählt.