Raffiniert!

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regenprinz Avatar

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Der Roman hat mir insgesamt gut gefallen, er macht die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts in New York auf sehr anschauliche Weise lebendig und Roses Geschichte ist zudem keine gewöhnliche. Dafür sorgt nicht nur ihr Job als "Frau an der Schreibmaschine" in einem Polizeirevier, wo sie mit Mördern und anderen Gesetzesbrechern zusammentrifft, sondern auch ihr persönlicher Hintergrund, der geheimnisvoller ist, als es zunächst den Anschein hat.
Eine verhaltene Spannung durchzieht den Roman und die entstehende Frauenfreundschaft. Kaum merklich verdichtet sich die Atmosphäre und schafft bald Raum für etliche Intrigen und Verwirrspiele. Wirkt zunächst Roses neue Freundin Odalie wie ein mondäner, gefährlicher Gegensatz zur spröden und braven Erzählerin, so merkt man irgendwann, dass man als Leser gegenüber Roses Worten besser auf der Hut ist. Ich weiß jedenfalls nicht, in wie weit ich ihr trauen kann und so lässt mich am Ende auch der Epilog des Romans weiterhin rätseln, welche Wahrheit sich nun hinter dem Geschehen verbirgt ...
Die Charakterisierung der Figuren fand ich gelungen und überzeugend, allen voran Rose mit ihrer reflexhaften Selbstbeherrschung, ihrer scheinbaren Nüchternheit und ihrem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Gerade ihre kleinen Schwächen ließen sie sympathisch wirken. Odalie und ihr Umfeld, z.B. die Gesellschaft aus der Mondscheinkneipe oder das reiche Paar mit dem Strandhaus, erinnerten mich oft an bestimmte Filmszenen aus jener Zeit - die Tänze, die Mode, die Bob-Frisuren, die Zigarettenspitzen, die verbotenen Drinks etc. Die Atmosphäre des Romans war absolut stimmig. Auch die beiden so unterschiedlichen Polizisten im Revier fand ich überzeugend dargestellt: der jungenhafte Detective und der behäbige, superkorrekte Seargent, den Rose lange Zeit auf einen Sockel stellt. Die Szene, als er sich im Rahmen einer Mordermittlung heimlich mit ihr verbündet, ließ jedoch erahnen, dass er wohl nicht ganz ihrem Bild entspricht ...
Überhaupt ist in diesem Roman vieles nicht so, wie es scheint und ich mochte die raffinierte Erzählweise, die hier geradezu mit den Erwartungen des Lesers spielt. Man fühlte sich fast so wie im düsteren Korridor zu einer Flüsterkneipe, in die Dunkelheit blinzelnd und nach dem Weg suchend, durch rauchgeschwängerte Luft immer dem Gläserklirren und dem enthemmten Gelächter nach. Klar sieht man aber auch dann nicht, wenn man sein Ziel erreicht.
Fazit: Das Cover des Romans passt meiner Meinung nach perfekt zum Inhalt. Ein Buch, das Spaß macht, wenn man akzeptiert, dass nicht alle Fragen, die man sich im Verlauf der Geschichte stellt, verlässlich beantwortet werden.