Beeindruckendes Debüt über Politik, Macht und Solidarität unter Frauen

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annnna97 Avatar

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In "Die Frau der Stunde" begleiten wir die fiktive Spitzenpolitikerin Catherina im Bonn der 70-er Jahre, die relativ plötzlich die erste Außenministerin wird. Es geht um Misogynie, patriarchale Strukturen, politische Machtspielchen, Einfluss der Medien, internationale Konflikte und starke Frauen.

Der Autorin ist es gelungen einen interessanten und unterhaltsamen Roman zu schreiben, bei dem ich persönlich, als jemand der diese Zeit nicht miterlebt hat, auch einiges gelernt habe. Der Schreibstil ist leicht zu lesen und überzeugt besonders mit Beschreibungen und Details, die einen in die Zeit zurückversetzen.
Besonders gut hat mir gefallen, wie die Solidarität unter Frauen im ganzen Roman im Mittelpunkt steht. Nicht nur zwischen den drei Freundinnen Catherina, Azadeh und Suzanne, sondern auch zwischen Mutter und Tochter, zwischen Kolleginnen, zwischen politischen Rivalinnen, zwischen Vorgesetzen und ihren Angestellten sowie zwischen internationalen Frauen. Es ist wirklich das zentrale Thema des Romans und sehr gut umgesetzt, denn wir sehen viele unterschiedliche und komplexe Frauencharaktere sowie ihre komplexen Beziehungen untereinander. Besonders der letzte Teil über die Revolution im Iran hat mich sehr bewegt.
Es ist ein Porträt einer sehr spannenden Zeit, in der es viel Fortschritt und Veränderung gab, aber auch viel Widerstand dagegen.
Ich habe mit Überraschung festgestellt, dass tatsächlich Anna-Lena Baerbock 2021 unsere allererste Außenministerin wurde, was mir noch einmal mehr nach der Lektüre zu denken gegeben hat.

Ich würde das Buch jedem empfehlen, der ein Interesse an Geschichte und Politik hat und sich besonders mit der Frauenrolle in dieser Zeit beschäftigen möchte. Ohne ein Interesse an Politik könnte das Buch allerdings vielleicht ein bisschen trocken sein.