Fiktiver Politroman voller starker (Frauen-)figuren und Biss

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melb2508 Avatar

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Catharina Cornelius ist Mitte 40, liberale Politikerin in Bonn im Jahr 1978. Als sie die Chance bekommt, erste deutsche Außenministerin und Vizekanzlerin zu werden, greift sie zu. Bald schon steht sie mitten im Sturm der politischen Lage und zudem wird sie als ledige Frau misstrauisch beäugt und sogar offen angegriffen. Glücklicherweise hat sie eine patente Mentorin, eine starke Mutter und ihre eingeschworene Freundinnenclique, auf die sie jederzeit zurückgreifen kann. 

Die Geschichte ist fiktiv, die meisten Personen ebenfalls (bis auf einige wenige für die Geschichte wichtige Personen wie Ayatollah Khomeini  oder der Schah und seine Familie). Da ich erst Ende 1978 geboren wurde, ungefähr zu dem Zeitpunkt, als auch der Roman spielt, habe ich die sicherlich vorhandenen Anspielungen auf politische Personen in Bonn 1978/1979 nicht wahrgenommen, bin aber sicher, die gab es durchaus.


Eine sehr große Stärke des Romans ist auf jeden Fall der Fokus auf starke Frauenfiguren. Alle Protagonistinnen verkörpern auf ihre Art Rollen, die teilweise noch heute sehr relevant sind für Frauen, die egal in welcher Branche eine Karriere anstreben. Auch der Blick auf den Umbruch im Iran, als der Schah vertrieben und stattdessen der spätere Terrorherrscher Ayatolla Khomeini eingesetzt wurde - und was das für die Frauen bedeutete hat! - war ein Strang, den ich absolut fesselnd fand. 

Catharina, die Hauptfigur, ist eine wirklich spannende Frau, die mir die ganze Zeit hindurch sehr, sehr sympathisch war. Sie ist eine wirklich greifbare Protagonistin, die stark ist, sich aber auch Momente der Schwäche zugesteht - und sicher und fest eingebunden ist in eine Gruppe loyaler Freundinnen. 

Auch viele Nebenfiguren haben mir sehr gut gefallen - ich konnte mich vor allem mit der berufstätigen 3fachen Mutter Suzanne sehr identifizieren und habe ihren Strang besonders gern gelesen. 

Der Schreibstil war für mich ein besonderer Genuss - ironisch, sarkastisch, humorvoll und empathisch - ich war von der ersten Seite an begeistert und richtig traurig, als ich das Buch beendet habe.


Und als Bonus gibt es noch viel Atmosphäre und Zeitgefühl aus dem Leben Ende der 1970er Jahre - vom Zigarettenrauchen, egal, wo man sich befand (gut, dass das vorbei ist!)  über das Leben ohne Smartphone und Internet. 

Gerne vergebe ich 5 Punkte und eine uneingeschränkte Leseempfehlung für einen echten Lesegenuss und ein Highlight meines Lesejahres!