Starke Frauen in einer Zeit des politischen Wandels

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abiona__ Avatar

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Mit Die Frau der Stunde habe ich mich das erste Mal bewusst in die Welt der Politik- und Zeitgeschichte gewagt, ein Feld, das mir bislang eher fremd war. Entsprechend fordernd war der Einstieg: viele Namen und verwobene, politische Beziehungen mussten erst sortiert werden. Was mich dennoch von Anfang an getragen hat, war der klare, bildhafte Schreibstil sowie die Darstellung der engen Freundschaft zwischen den Protagonistinnen.
Specht gelingt es meiner Meinung nach, ein recht authentisches Bild des politischen „Haifischbeckens“ zu zeichnen, in dem verletzte Egos, Machtspiele und patriarchale Strukturen den Ton angeben. Besonders gut gefallen hat mir, wie sie die wachsende Solidarität zwischen Frauen beschreibt, teils sogar über Parteigrenzen hinweg.
Der Abschluss ließ mich hungrig zurück - gerade die Passagen über die Frauenproteste im Iran und die Parallelen zu Afghanistan haben viel in mir ausgelöst, blieben dann aber abrupt stehen. Hier hätte ich mir mehr Ausblick oder zumindest einen runden Abschluss gewünscht. Für mein Empfinden hört das Buch leider mit an der spannendsten Stelle auf.

Alles in allem ist Die Frau der Stunde ein vielschichtiges, sprachlich starkes Werk, das die Mechanismen von Macht, Geschlecht und Politik eindrucksvoll beleuchtet. Für mich war es ein anspruchsvoller, aber lohnender Ausflug in ein Genre, das ich sonst selten lese - interessant, bereichernd, aber leider auch nicht ganz ohne Längen.