Entspricht nicht meinen Erwartungen

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leseleucht Avatar

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Als ich das Buch „Die Frau des Farmers“ sah und mich mit Hilfe von Klappentext und Leseprobe informierte, erwartete ich etwas über das Leben einer Farmersfrau auf einer Schaffarm in England zu erfahren. Ich erwartete viele Naturbeschreibungen, einen besonderen Bezug zum Leben mit den Tieren und der Natur, vielleicht Bodenständigkeit und Erdung durch diese Verbundenheit mit dem Leben. Das Buch schildert sicher das Leben einer Frau, die sich Frau eines Farmers nennen kann, weil sie, entgegen ihres Vorhaben, als Tochter eines Farmers niemals einen Farmer oder einen Bauern, wie sie sagt, heiraten zu wollen, eben dann doch dies tut. Doch lange, bevor sie beide auf eine Farm ziehen und Schafe züchten, arbeitet ihr Mann in einem Büro und sie hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser, bis sie Mutter wird und versucht, ein Heim für alle zu schaffen. Zwar gliedert sich das Buch in die Tageszeiten „Morgen“, „Nachmittag“, „Abend“, grob gesprochen, und die Kapitel beginnen dann auch mit Dingen, die die Frau des Farmers zu den entsprechenden Tageszeiten tut, z. B. Kinder in den Kindergarten bringen oder von der Schule abholen, einkaufen, Rechnungen bezahlen, alles Tätigkeiten, die auch Frauen von Nicht-Farmern tun. Doch diese Tätigkeiten dienen nur als lockere Assoziationskette, um dann von ihrem Leben zu plaudern, ihrer Schulzeit, ihrem Wunsch, ins Ausland zu gehen, den Wunsch, ihren James zu heiraten, ihr Kunststudium, ihre Arbeit in einem Kaffee, ihre Leidenschaft fürs Essen und fürs Kochen – das Buch enthält Unmengen an Rezepten, und ihrer Begeisterung, heruntergekommene Häuser zu kaufen, zu renovieren, um dann wieder ein neues zu kaufen.
Ihre Schreibstil ist dabei leicht zu lesen und das Ganze auch nicht ganz Uninteressant, aber eben anders, als erwartet. Und was mich eindeutig stört, ist der bekannte nölige Unterton beim Beklagen über Luxusprobleme, wie sie selbst einräumt, wenn sie schreibt: Von außen gesehen sind wir gesund, sehen gut aus, leben in einem schönen Haus und können uns ein gutes Leben leisten. Aber gleichzeitig jammert sie: sie studiert Kunst, auch wohl erfolgreich, aber betätigt sich nicht als Künstlerin. Sie backt und kocht gern, hat aber oft keine Lust oder Zeit, dann gibt es Fastfood und Ungesundes. Sie will unbedingt diesen Mann und sie will soooo sehr ein Kind, dann hat sie zwei und beklagt ihre Abhängigkeit und ihre Unfreiheit und die Abwesenheit ihres Mannes, der rund um die Uhr arbeiten muss, damit sie Häuser kaufen, aufwändig renovieren, luxuriös ausstatten können, obwohl sie ja eigentlich kein Geld haben. Und so kaufen und verkaufen sie in zwei Jahren drei Häuser. Worüber man sehr erstaunt ist, wenn man bedenkt, dass sich in der heutigen Zeit Familien mit zwei Verdienern häufig nicht einmal die Miete für eine adäquate Wohnung leisten können, geschweige denn ein Eigenheim.
Ich hatte anderes erwartet und hätte gerne anderes gelesen.