Mitten auf dem Land ...

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michaela878 Avatar

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Schon nach den ersten Seiten wusste ich: Dieses Buch möchte ich ganz lesen. Nicht, weil ich all das, was Helen Rebanks beschreibt, selbst erlebt hätte – sondern weil mir beim Lesen klar wurde, dass ich vieles kenne, aber noch nie so gesehen habe.

Ich lebe selbst auf dem Land, bin beruflich mit der Landwirtschaft verbunden, kenne den Klang des Morgens, wenn der Hahn kräht, Kühe muhen und der Traktor irgendwo losknattert. Aber was es wirklich bedeutet, eine Bäuerin zu sein – mit all den unsichtbaren Aufgaben, der Verantwortung, dem emotionalen Jonglieren zwischen Familie, Hof, Küche und Wetter – das hat mir dieses Buch auf eine stille, eindringliche Weise vor Augen geführt.

Helen Rebanks schreibt mit einer besonderen Mischung aus Wärme, Ehrlichkeit und feinem Humor. Ihre Sprache ist unaufgeregt, aber präzise, und gerade dadurch so kraftvoll. Sie beschreibt kein idealisiertes Landleben, sondern eines, das geprägt ist von Mühe, Verantwortung, Erschöpfung – aber auch von Liebe, Fürsorge und tiefem Sinn. Immer wieder habe ich beim Lesen innegehalten, nicht weil ich mich direkt wiedererkannte, sondern weil ich plötzlich verstand: So fühlt sich das also an, von innen.

Es sind vor allem die leisen Töne, die nachwirken. Die kleinen Szenen – ein Moment am Küchentisch, ein Gedanke zwischen Stallarbeit und Familienleben, eine müde Geste – die mir gezeigt haben, wie viel Stärke und Würde in alltäglicher Arbeit stecken kann. Was mich besonders beeindruckt hat, ist die Fähigkeit der Autorin, das Unausgesprochene greifbar zu machen. Dieses Buch lässt Raum – für Mitgefühl, Nachdenken und ein neues Verständnis.

Die Kapitel folgen keiner streng linearen Struktur, und zwischendurch tauchen Rezepte auf, die nicht nur den Alltag der Autorin spiegeln, sondern auch etwas Erdendes, Vertrautes mitbringen. Für manche mag das sprunghaft wirken – für mich fühlte es sich lebendig und echt an. So, wie das Leben auf einem Hof eben ist: kein klar geordneter Ablauf, sondern ein Ineinander von Gedanken, Aufgaben und Erinnerungen.

„Die Frau des Farmers“ ist für mich kein Buch, das man einfach nur liest und dann ins Regal stellt. Es ist eines, das nachhallt – im besten Sinne. Es hat mir eine Perspektive geöffnet, die ich in meinem eigenen Alltag zwar geahnt, aber nie so bewusst wahrgenommen habe. Helen Rebanks gibt einer Arbeit, die so oft übersehen wird, eine Stimme – und das mit großer Klarheit, Wärme und Würde.

Mein Fazit: ein eindrucksvolles, kluges, einfühlsames Buch über das, was im Alltag oft überhört wird. Wer verstehen will, was es bedeutet, wirklich mitten im Leben auf dem Land zu stehen – zwischen Fürsorge, Verantwortung und dem ständigen Streben nach Balance – sollte dieses Buch lesen. Es hat mich berührt, bereichert und meinen Blick verändert.