Was mag die Zukunft bringen?

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Sandrine Vidal ist eine junge, lebenslustige Frau, die im 1942 noch nicht besetzten Teil Frankreichs lebt, genauer gesagt in Carcassonne. Sie wohnt mit ihrer Schwester Marianne und der alten Haushälterin Marieta zusammen, der Vater ist zu Beginn des Krieges in einer nicht näher genannten Schlacht gestorben. Marianne arbeitet als Lehrerin sowie für das Rote Kreuz, versorgt Häftlinge und jüdische Gefangene, die auch aus dem eigentlich nicht annektierten Bereich Frankreichs deportiert werden.
Eines Morgens, als Sandrine nicht mehr schlafen kann, radelt sie in die Stadt und findet am Flussufer einen schwerverletzten jungen Mann, der ihr noch ein paar ihr unverständlich erscheinende Worte zuflüstern kann. Dann wird sie niedergeschlagen - und wacht erst durch den zarten Kuss eines weiteren Mannes auf: Raoul Pelletier tritt zunächst für sehr kurze Zeit in ihr Leben. Denn der Retter verschwindet gleich wieder - er hört eines der selten gewordenen Autos.
Detailreich schildert Kate Mosse die - allerdings vor allem in der Schnelligkeit schwer nachzuvollziehende - Wandlung von Sandrine zu Sophie, von einem bürgerlich-behüteten Mädchen, das sich wenig um andere und noch weniger um die Geschichte und Geschicke des Landes kümmert, zu einer Widerstandskämpferin, die sogar eine eigene Frauen-Resistance-Gruppe gründet.
Dennoch ist die Geschichte, die Kate Mosse den beiden unbekannten Frauen, die am 19. August 1944 in Baudrigues ermordet wurden, widmet, spannend und interessant beschrieben. Obgleich das Leben im nicht-besetzten Frankreich noch relativ leicht ist, gibt es verschiedene Einschränkungen im Alltag - von Lebensmittelmarken über Passkontrollen bis hin zu politisch motivierten Verhaftungen. Nicht zu vergessen sind die vielen Nationalsozialisten, die es auch in der französischen Bevölkerung gibt - und die deutschen Nazis, die sich ebenfalls in Carcassonne und Umgebung befinden.
Einer dieser Personen ist Authié, ein hochrangiger Geheimdienstler, der nicht nur brutal und ungerecht dargestellt wird, sondern auch einer derjenigen ist, der nach dem geheimnisvollen Codex sucht. Dieser wird bereits zu Beginn des Romans eingeführt: Ein koptischer Codex, der vom Mönch Arinius im Jahre 342 gerettet werden soll. Die Geschichte von Arinius und seinen Versuchen, ein geeignetes Versteck für das Papyrus zu finden, zieht sich beinahe durch den kompletten Roman - und ist m.E. leider nur wenig gelungen.
Zwar ist belegt, dass die Nationalsozialisten dem Okkulten und Obskuren nicht abgeneigt waren, so verbiegt der Handlungsstrang um den Codex für mich den Roman in einen unglaubwürdigen und abwegigen Bereich. Der zudem auch nicht wirklich notwendig gewesen wäre …
So gibt es für mich gleich zwei große inhaltliche Mängel, die dazu führen, dass ich einem historisch interessanten und vor allem auch trotz seiner Länge kaum langweiligen Roman nur 3 Sterne gebe. Denn die Wandlung von Sandrine kommt mir einfach zu plötzlich und zu wenig nachvollziehbar - und auch einige weitere Figuren sind für mich einfach zu eindimensional und statisch gezeichnet. Dazu kommt die für mich überflüssige Geschichte um den Codex - zumal in der gewählten Länge.