Eine junge Köchin Ende der 40er Jahre

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waterlilly Avatar

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„Die Frauen von New York“ ist der Auftakt einer Trilogie, die sich in drei abgeschlossenen Geschichten mit Frauen befasst, die zu Zeiten des 2. Weltkriegs Außergewöhnliches leisten. Im ersten Band, welcher den Untertitel „Glanz der Freiheit“ trägt, geht es um Lily, die aus einem wohlhabenden Elternhaus stammt. Wenn es nach den Wünschen ihrer Mutter ginge, hätte sie in ihrem Leben nichts anderes zu tun, als einen reichen Mann zu heiraten. Doch Lily hat andere Zukunftspläne. Sie träumt von einer Karriere als Köchin. Die traurige Tatsache, dass viele Männer an die Front gerufen werden, bringt ihre – und zahlreichen anderen Frauen – die Chance, eine bessere Stelle zu bekommen, als es damals üblich war. Dieser Roman verdeutlicht, wie weit wir Frauen in den letzten Jahren gekommen sind. Niemand kann uns mehr verbieten, einen Beruf zu ergreifen.
Während es für ärmere Frauen schon in den 40er Jahren leichter war, eine Arbeit zu finden, war es für jemanden aus Lilys Schicht ungern gesehen und sorgte für Unverständnis. Die junge Frau steht im Dauerkampf mit ihrer Mutter. Obwohl ich mir Mühe gegeben habe, mich in die damalige Situation hineinzuversetzen, konnte ich Lilys zögerlich Verhalten manchmal nur schwer nachvollziehen, insbesondere, als ihre Mutter immer vehementer versucht, eine Ehe zu arrangieren. Ihr Kindheitsfreund Nathaniel wird sehr blass dargestellt, so dass ich kaum Zugang zu ihm fand, aber er scheint ein netter Kerl zu sein, der in Lily verliebt ist. Deswegen fand ich ihr Verhalten bzw. ihre Weigerung, ihm die Wahrheit zu sagen ziemlich verletzend. Irgendwie wollte dies nicht so richtig zu der ansonsten sehr großherzigen und harmoniebedürftigen Frau passen.
Mein persönliches Highlight des Romans – und der Hauptgrund, warum ich zu dieser Lektüre gegriffen haben – waren die Szenen in der Küche. Ich fand es sehr faszinierend, mit welcher Kreativität auch zu Zeiten der Rationalisierung das Restaurant Valentino's seinen Gästen Speisen angeboten hat. Die Gerichte und die Reibereien zwischen den Angestellten waren bildhaft und kurzweilig beschrieben. Lily brennt für ihren Job als Köchin und ihre Begeisterung konnte man sehr deutlich spüren.
Diese Lebendigkeit habe ich oft vermisst, wenn sich die Handlung außerhalb des Valentino's abspielte. Stellenweise empfand ich den Schreibstil dann als distanziert und farblos. Zum Beispiel kamen die Gefühle zwischen Lily und Tom bei mir überhaupt nicht an. Obwohl die Beziehung sehr viel Tragik beinhaltet, konnte sie mich nicht berühren.
Das Ende des Romans kam für mich sehr abrupt und ich war erstaunt, was für einen spontanen Sinneswandel manch Charakter auf den letzten Seiten hingelegt hat.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass mir der Plot gut gefallen hat, jedoch waren die Umsetzung und der Schreibstil durchwachsen. Hier besteht auf jeden Fall noch Verbesserungspotenzial. Trotzdem gebe ich diese Reihe noch nicht auf! Der Klappentext von Band 2 – welcher im Frühjahr 2022 erscheinen soll – klingt richtig interessant, so dass ich den Frauen von New York sicherlich eine weitere Chance geben werde.