Nette, etwas belanglose Geschichte

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gluexklaus Avatar

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Im Sommer 1925 feiert Ishbel Christina Camberwell, genannt Blue, im Garten ihres Elternhaus Richmond Castle, einem georgianisches Reihenhaus, mit Familien und Freunden ihren 21.Geburtstag und damit ihre Volljährigkeit. Ihr Vater Kenneth fordert - in ziemlich angetrunkenem Zustand- alle potentiellen Verehrer seiner schönen Tochter auf, mit einem anonymen Brief um Blue zu werben. Im nächsten Jahr am gleichen Tag werde Blues „Entscheidung für einen Anwärter“ verkündet. Blue interessiert sich jedoch mehr dafür, Schriftstellerin zu werden als einen Ehemann zu finden und ist daher über Kenneths Rede ziemlich verärgert. Außer diverser anonymer Briefe wird das nächste Jahr aber noch ganz andere, viel bedeutendere Ereignisse für Blue, ihren Vater Kenneth, Stiefmutter Midge, Schwester Merrigan und Delphine, die neue Freundin der Familie, bringen. Dabei kommt eine traurige Wahrheit aus der Vergangenheit ans Licht, die die Familie vor eine große Herausforderung stellt...

Tracey Reeses „Die Frauen von Richmond Castle“ liest sich gut verständlich, flüssig und unkompliziert. Die Sprache wirkt meistens authentisch und ich bekam beim Lesen einen recht guten Eindruck von Blues Leben im England der 20er Jahren, fühlte mich gar stellenweise in diese Gesellschaft hineinversetzt. Der zu häufige und penetrante Gebrauch der Anrede „Darling“ ging mir aber leider manchmal ziemlich auf die Nerven.

Die Frauen von Richmond sind nachvollziehbar, aber recht eindimensional und einfach gezeichnet: Blue ist herzensgut und etwas naiv, Midge fürchtet, ihrer Vorgängerin Audra, Kenneth verstorbener Ehefrau, nie das Wasser reichen zu können und immer nur die Nummer Zwei zu bleiben und Delphine bleibt - ebenso wie Vater Kenneth - ziemlich blass und farblos. Schön, dass die Camberwells, so gänzlich vorurteilsfrei, Delphine in ihrer Mitte aufnehmen und ihr helfen, sich vor dem gewalttätigen Ehemann zu schützen. Im wahren Leben wird der gesellschaftliche Unterschied aber vermutlich doch eine größere Rolle gespielt haben...

Die Geschichte war stellenweise interessant, unterhaltsam und angenehm zu lesen, ein schönes, nettes Märchen mit Tragik, aber wenig Tiefgang. Recht vorhersehbar und mit einigen Längen, so richtig gepackt hat mich der Roman nicht. Eine strafferer Erzählweise und eine größerer Konzentration auf das Wesentliche hätten für mich den Aufbau etwas stimmiger gemacht.

Insgesamt eine nette, etwas belanglose Geschichte mit einfach gestrickten Figuren, die durchaus für Ablenkung und Unterhaltung gut ist, aber danach ziemlich schnell wieder in Vergessenheit gerät.