ein unterhaltsames, süffiges Lesevergnügen

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hiclaire Avatar

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Cover, Titel und auch die Zeit, in der die Geschichte spielt, entsprechen einem gerade sehr aktuellen Trend, der mich eigentlich nicht so reizt. Hier ist es der Schauplatz, der Wiener Tiergarten Schönbrunn, der mich neugierig auf diesen Roman gemacht hat. Und obwohl er durchaus die Erwartungen erfüllt, die Cover und Titel wecken ;), hat er mir gut gefallen.

Im Prolog schreibt man das Jahr 1914. Emmas Schwester Greta feiert Geburtstag, traditionell mit einem Ausflug der kleinen Familie in den SchönbrunnerTiergarten, dem seit jeher Emmas Leidenschaft gehört. Tierärztin möchte sie werden, ein hoch gestecktes Ziel für die damalige Zeit. In Wien werden Frauen nicht zum Studium zugelassen, doch ihre Hoffnungen ruhen auf Zürich, dort herrscht ein fortschrittlicherer Geist und bis es so weit ist, will sie als Tierpflegerin arbeiten. Greta hat andere Wünsche an das Leben. Sie ist verliebt und möchte heiraten. Eine schöne Einführung, sprachlich und atmosphärisch, die mit der Kriegserklärung und der Frage endet – was wird wohl aus den Träumen der Schwestern werden?

Im November des letzten Kriegsjahres setzt die eigentliche Handlung ein, in deren Zentrum Emma und der Tierarzt Julius Winter stehen. Emma arbeitet tatsächlich als Tierpflegerin, allerdings ist das Studium der Veterinärmedizin durch den Krieg in weite Ferne gerückt. Julius wurde im Krieg verletzt, schlimmer noch seelisch als körperlich. Heute würde man wohl sagen, er leidet an einer kriegsbedingten posttraumatischen Belastungsstörung. Die unkomplizierte Ehrlichkeit, mit der er Emma gegenüber keinen Hehl aus seinen Problemen macht, hat mir imponiert. Ihre erste Begegnung im Tiergarten verläuft zwar eher holprig, trotzdem ahnt der geübte Leser, wohin die Reise gehen wird ;).

Eine Liebesgeschichte in schwierigen Zeiten, die Autorin bedient sich der klassischen Zutaten dieses Genres und gibt die erwarteten interessanten Einblicke in die Welt des Tiergartens Schönbrunn. Aber sie benennt auch mit deutlichen Worten das Elend und die Sinnlosigkeit von Krieg, die seinerzeit vorherrschende Einstellung zu Tierwohl (obwohl das heute leider immer noch nicht viel besser geworden ist), sowie die Probleme von Frauen, die auf eigenen Füßen stehen wollen.

Beate Malys Erzählweise hat mir gut gefallen, bildhaft, unkompliziert und flüssig. Klischees wurden zwar bedient, aber in für mich in erträglichem Maß. Ihre Figuren wirken lebendig und glaubhaft in ihren Stärken und Schwächen. Wobei die Rollen von Gut und Böse durchaus verteilt sind, besonders dieser Kochauf war mir in seiner Rolle als Widerling zu überzeichnet, und zwar nicht nur durch seine „Taten“, sondern auch in der Wortwahl, wenn es um ihn geht. Emma und Julius sind in vieler Hinsicht ihrer Zeit voraus und ein liebenswert-sympathisches Paar, das ganz bestimmt seinen Weg finden wird.

Meine persönlichen Higlights sind die Szenen mit Emma und der Orang-Utan-Dame Fanny gewesen. Gefolgt von den beiden Geburten, deren Beschreibung ich gelungen, ja regelrecht fesselnd fand. Während mich die Auftritte von Kochaufs eher genervt haben, dieser Teil der Geschichte sollte möglicherweise für Spannung sorgen, aber das war mir insgesamt einfach zu dick aufgetragen. Die unaufgeregte, pragmatische Auflösung dieses Dauerkonfliktes hat mir wiederum sehr gut gefallen.

Insgesamt ein unterhaltsames, süffiges Lesevergnügen.