Drei junge Damen in der DDR

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Das Strandbad am Müggelsee, Juli 1956. Martha schreibt an einem vom Vater aufgegebenen Text, Clara übt den perfekten Sprung in den See und Betty führt ihren neuen Bikini aus. Als ein älterer Herr weiter draußen im See zu ertrinken droht, eilen ihm die drei Mädchen zu Hilfe und wachsen zu einem unzertrennlichen Trio zusammen.
Nach diesem Einstieg vergeht einige Zeit und wir begleiten dann drei junge Damen, die ihre letzten Jahre vor dem Abitur verleben. Martha stammt aus einer regimetreuen Familie und engagiert sich bei der FDJ, Betty träumt vom Film und Clara schwebt eine Karriere als Weltraumforscherin vor, ohne Anpassung und Beziehungen allerdings undenkbar im Osten. Und dann – wird über Nacht Stacheldraht aufgezogen – wie werden sich die Unzertrennlichen entscheiden? Wer bleibt? Wer flieht?
Ab der ersten Zeile nimmt Julie Heiland den Leser mit in das Leben von Martha, Betty und Clara. Marthas Notizen sind ein gelungener Einstieg, gepunktete Kleider und gelegte Haare lassen sofort Bilder der Zeit erwachen, der Duft von Prasselkuchen verführt noch dazu das Näschen und der Klang von Amiga-Schallplatten spiegelt die Stimmung im Strandbad absolut spürbar wider. Dazu noch einzelne Wortgruppen wie „ein richtijes Frollein“ und man ist selbst mit allen Sinnen zurückversetzt in die 1950er Jahre in Ostberlin. Die vielen liebevoll geschilderten Details lassen die Geschichte der drei so unterschiedlichen Mädchen zu einem wahren Lesevergnügen werden, im Grunde fühlt es sich fast so an, als wäre man als Leser die unsichtbare Nummer Vier im Bunde.
Einzelne Alltagsszenen füllen die Kapitel, welche sich abwechselnd den drei Mädels und deren Sicht widmen und wie aus dem echten Leben gegriffen sind. Genau das ist es auch, warum die Erzählung so real wirkt, nicht aufgesetzt, sind gekünstelt, nicht erfunden. Die erste Liebe, Schule, FDJ-Gruppen und vieles mehr wird thematisiert, Träume, welche sich an die Realität anpassen müssen, Gedanken, die man besser für sich behält. Wer ist Freund, wer ist Feind? Wände haben Ohren. Die Jugendzeit der DDR-Kinder ist nicht unbeschwert. Dennoch suchen Martha, Betty und Clara ihr Glück, auch wenn ihre Vorstellungen von Freiheit und erfülltem Leben recht gegensätzlich ausfallen.
Kurzweilig und flüssig, spannend, interessant und unterhaltsam präsentiert sich Heilands Schreibstil, sodass man am liebsten ohne Pause das ganze Buch durchlesen möchte. Man freut und ängstigt sich gemeinsam mit dem sympathischen Trio, fiebert mit an aufregenden Stellen und überlegt, ob so manche Entscheidung klug ist. Schon ist die letzte Seite verschlungen und es bleibt nur noch das gebannte Warten auf die Fortsetzung mit den Freundinnen vom Strandbad – Wogen der Freiheit, die am 28. Juli 2022 erscheinen wird.
Ein absolut gelungener und empfehlenswerter Einstieg in die Müggelsee-Saga!

Titel Die Freundinnen vom Strandbad, Wellen des Schicksals
Autor Julie Heiland
ISBN 978-3-548-06559-5
Sprache Deutsch
Ausgabe Flexibler Einband, 624 Seiten
ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch
Erscheinungsdatum 27. Mai 2022
Verlag Ullstein
Reihe Die Müggelsee-Saga, Band 1