Kinder des Ostens

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tascha1987 Avatar

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Die Autorin Julie Heiland hat mit ihrem Roman einerseits ein Stück der frühen deutschen Geschichte, die der DDR, lebendig gemacht, anderseits hat sie sich aber auch mit den Biografien ihrer Protagonisten derart verzettelt, dass sich die Geschehnisse, wie im Buch beschrieben, aus historischen Aspekten nicht zugetragen haben können (Charlie kann vom Alter her nicht ein "Besatzerkind" gewesen sein, Marthas frühe Kindheit, hier war das "Ministerium für Staatssicherheit" noch gar nicht aktiv). Das ist sehr schade, da es meine Lesefreunde getrübt hast.

Die Autorin schreibt durchaus flüssig und verzichtet erfreulicherweise auf ausschweifende Beschreibungen und die Handlung ist durchgängig packend. Immer abwechselnd wird aus dem Leben der drei jungen Frauen Betty, Martha und Clara berichtet, die nach einer dramatischen Rettungsaktion im Berliner Strandbad "Müggelsee" zu dicken Freundinnen werden. Sie kommen aus unterschiedlichen Elternhäusern. Betty ist die Tochter des Strandbad-Leiters, ihre Mutter ist dem Alkohol zugetan, die Ehe ist unglücklich, Betty träumt von einer Karriere als Schauspielerin. Marthas Eltern verfügen über eine große, schöne Wohnung, die Eltern sind "regime-konform" und streng, Martha versucht stets es ihnen recht zu machen.
In Claras Familie hingegen wird der Staat kritisch hinterfragt. Clara ist sehr klug und träumt von der Erforschung des Weltraums, doch weil sie nicht in der FDJ ist, legt man ihr immer wieder Steine in den Weg....

Das Leben der Freundinnen, ihre Träume und Sehnsüchte inmitten der DDR stehen im Mittelpunkt der Ereignisse der Jahre 1956 bis zum Bau der Bauer am 13. August 1961 und werden einfühlsam beschrieben.

Ich hatte allerdings den Eindruck, dass die Autorin unbedingt viele Punkte aus der Geschichte der DDR einbringen wollte und sich dadurch im historischen Kontext vertan hat, wodurch sich aber die tragischen Ereignisse so nicht zugetragen haben konnten. Das sind leider grobe Fehler, welche zumindest der Verlagslektorin/dem Verlagslektor auffallen müssten und daher bei meiner Bewertung zum Punktabzug führen.

Der erste Teil endet an einem entscheidenden Punkt, die drei Frauen stehen am Wendepunkt ihres Lebens und müssen sich fragen, ob sie bleiben oder die Flucht über die Grenze wagen. Eine der drei Protagonistinnen flieht und die Fortsetzung ("Die Freundinnen vom Strandbad- Wogen der Freiheit") verspricht fesselnde Unterhaltung. Ich möchte Bettys, Claras und Marthas Lebensweg weiterhin folgen, auch wenn die Geschichte nicht, wie bereits erwähnt, komplett rund erzählt wird.

"Eines Tages, egal ob Monate oder Jahre vergehen, werden wir uns wiedersehen. Wie früher werden wir im Strandbad auf der Wasserinsel liegen."