Gestörte Persönlichkeit und Frau mit Helfersyndrom

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rebekka Avatar

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Ich muss zugeben: Diese Geschichte ist anders als ich erwartet hatte. Nach der Lektüre der Leseprobe und angesichts des gefälligen, blütenumrankten Covers dachte ich noch: Das wird wohl wieder eine dieser schlicht gestrickten, leichten Sommerstories sein, gerade Recht für den Urlaub am Meer und nicht tiefer gehend als ein kühlendes Fußbad im Atlantik. Man kennt das ja: Junge Witwe leidet schrecklich unter dem Tod des Ehemannes und findet auf einer felsigen Insel eine neue Anstellung, die sie von ihrem Kummer ablenkt. Dort lernt sie ihren Auftraggeber kennen und segelt mit ihm – nach einigen Missverständnissen und Kabbeleien – am Ende ins neue Eheglück.

Ich hätte mich nicht mehr irren können. Ob es tatsächlich so gestörte Persönlichkeiten gibt wie den männlichen Protagonisten wird wohl nur ein Psychologe oder eine Psychiaterin beantworten können. Sympathisch sind solche Typen selten, und dieses Exemplar ist ganz besonders ekelhaft.

Frauen mit Helfersyndrom wie die Gärtnerin Toni kennt man dagegen zur Genüge. Sie verlieben sich gern in Männer mit seelischen Macken und geben alles, um ihnen zum Glück zu verhelfen. In den meisten Büchern gelingt ihnen das auch. (Ob das auch im wahren Leben so ist, sei dahingestellt).

Henrike Scriverius beschreibt die Begegnung zweier solcher unterschiedlicher Charaktere in einer schönen, flüssigen Sprache und hält damit bis zum Schluß die Spannung aufrecht. Deshalb lässt sich das Buch leicht lesen, auch wenn die Handlungsweise ihrer Protagonisten mitunter Kopfschütteln auslöst oder sogar Wut erzeugt. (Dass jemand nach einer Beinahe-Vergewaltigung den Anstifter dieser Tat weiterhin liebt ist ja wohl kaum vorstellbar!)

Der Schluß kann dann nicht mehr wirklich überraschen. Nur so viel sei gesagt: Es gibt ein Happy End, aber anders als vermutet. Und das ist gut so!