Ein etwas anderer Weg zum Ich

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Was für eine Geschichte! Eingeklemmt zwischen zwei Buchdeckeln und einem anspruchslosen Schutzumschlag.
Never judge a book by its cover! Diesem Rat sollte der Leser unbedingt folgen und er wird mit einem wundervoll dargestellten Sittengemälde aus dem Berlin Anfang der 1930er Jahre belohnt.
In diesem Sittengemälde trifft der Leser auf eine junge Frau - Alice - die nach dem Tod der Mutter nach Berlin reist, um ihre ihr unbekannte Großmutter zu einem Schuldeingeständnis zu bewegen. Sie trifft auf eine Mauer des Schweigens und gnadenlose Gefühlskälte. Das ändert sich auch nicht wirklich.
Während Alice Aufnahme in die Familie ihrer Onkel findet, wird anhand ihres Alltags und ihrer Interessen das Leben in Berlin mit all seinen Facetten beschrieben. Reste der wilden 20er mit Partys, lesbischer Liebe, Kunst, viel Champagner, endlosen Zigaretten und dem Besuch illegaler Lokale illustrieren das gesellschaftliche Leben kurz vor dem Wahlsieg der Nationalsozialisten. Antisemitismus ist ein Thema, genau wie die schrittweise Aushebelung demokratischer Verfahren dem Leser vor Augen geführt wird.
Alice findet ihren Weg entlang vieler Widrigkeiten, Stolpersteinen und selbst produzierten Problemen, weil ihr sturer Dickkopf sie so manches Mal ausbremst.
Und die Liebe darf natürlich nicht fehlen. Sie verläuft als stetige Parallele im Selbstfindungsprozess von Alice - bis hin zu einem Ende, von dem hier nicht die Rede sein soll. Diese Neugier sollte den potentiellen Leser in die Buchhandlung führen.