hat mir sehr gut gefallen

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sissidack Avatar

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Das Buch hält das, was die Leseprobe versprochen hat. In der Handlung sind gekonnt geschichtliche, menschliche, ein wenig künstlerische Aspekte und Einblicke in das Flair einer Weltstadt verwoben. Die junge Alice, die versucht, ihre angesehene, reiche Familie - dabei insbesondere die hartherzige Großmutter - kennenzulernen, ist als Person genau so interessant wie ihr späterer Freund John. Alice`s Mutter wurde verstoßen, weil sie einen Künstler liebte. Lebenslang konnte die Patriarchin, Frau Helena Waldmann, ihrer Tochter dies nicht verzeihen. Wie tief diese Wunde reicht, erfährt Alice schmerzlich. Die Auflösung dieses Familiengeheimnisses ist verblüffend! Doch auch für ihre beiden Söhne und die Schweigertochter findet Fr. Waldmann kein gutes, geschweige denn liebes Wort. Umso erfreulicher ist, dass Alice von ihren Onkeln und deren Familie gerne aufgenommen wird. Als Kunststudentin kann sie sich bei der Wiedereröffnung der Familiengalerie am Potsdamer Platz hilfreich mit einbringen. Sie erobert sich sozusagen ihren Platz in der Familie der Mutter.
Die Autorin beschreibt ebenfalls das Milieu der Künstlerszene im damaligen Berlin, welches später durch die Nationalsozialisten als abartig bezeichnet wird. Ich möchte nichts vorwegnehmen. Der Leser soll sich überraschen lassen.
Ebenfalls anschaulich wurden die im totalen Aufbruch befindlichen politischen Strömungen im Schmelztiegel Berlin angesprochen und neben dem persönlichen Werdegang von Alice kurz aufgearbeitet. Hier wird der Person John (der Freund von Alice) ein besonderer Stellenwert zugeordnet. Er spricht sich absolut gegen den Nationalsozialismus aus und gerät in dessen Fokus. John wird festgenommen und (warum ist nicht erläutert) brutalen Vernehmungen ausgesetzt. John ist eine interessante Persönlichkeit innerhalb des Romans. Er bleibt bis zum Schluss geheimnisvoll. Er ist der verschlossene Typ. Die Liebe zwischen ihm und Alice wird auf eine harte Probe gestellt. Doch am Schluss finden beide sich wieder. Ich muss sagen, das war eine Überraschung für mich.
Oft musste ich schmunzeln. Die Protagonisten sind ständig damit beschäftigt, sich eine Zigarette anzuzünden und diese genüsslich, hektisch, zum Nachdenken usw. zu inhalieren. Ja, ja?! Es war damals eben eine andere Zeit.
Das äußere Erscheinungsbild des Romans ist sehr, sehr schön. Farblich ansprechend, mit einem kleinen künstlerischen Hauch kann ich für meinen Geschmack nur die Note 1 mit Sternchen vergeben. Wenn hier noch zwei weitere Romane der Autorin folgen werden, kann der Leser nur gespannt sein.