Leider mit vielen Fehlern und schlecht erzählt

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missmarie Avatar

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Nachdem Lennas Schwester Evie ermordet wurde, beschließt die junge Frau, sich der Spiritistin Vaudeline D´Allaire als Schülerin anzudienen. D´Allaire ist nicht nur für ihre Séancen mit Mordopfern bekannt, sondern war auch Evies Lehrerin. Evie, Lennas jüngere Schwester, war besessen von allem Okkultem und fest entschlossen selbst ein Geschäft als Medium in London zu eröffnen. Lenna hofft, mithilfe einer Geisterbeschwörung den Mörder ihrer Schwester ausfindig zu machen. Allerdings hat D´Allaire London fluchtartig in Richtung Paris verlassen und plant nicht mehr, zurückzukommen. Also muss Lenna selbst alles Nötige für eine Beschwörung in Paris lernen und wird wie einst Evie ihre Schülerin. Als allerdings bei einer Séance ein Brief an die bekannte Spiritistin zugestellt wird, die den mysteriösen Tod des Vorsitzenden der Londoner Séance Society verkündet und um D´Allaires Hilfe bei der Aufklärung bittet, reisen die beiden Frauen doch zurück in Richtung England. Bald müssen sie erkennen, dass sie starke Feinde innerhalb der Society-Reihen haben, als zunächst geglaubt. Und dass die angesehene Gesellschaft möglicherweise von Betrügern unterwandert wurde.

Die Story in Sarah Penners "Die geheime Gesellschaft", übersetzt von Julia Walther, und insbesondere das Setting sind interessant. Die Kombination aus Kriminalroman und Okkultismus hat mir gefallen und trägt auch gut durch die 400 Seiten. Die Handlung und die Auflösung am Ende sind plausibel, wenn auch in Teilen vorhersehbar. Insgesamt taugt es aber zu guter, leichter Unterhaltung im viktorianischen Setting. Von den Figuren und dem Schreibstil der Autorin kann man das allerdings nicht immer behaupten. Für den Film gibt es die Devise "Show, don´t tell", die in abgewandelter Form auch für den Roman gelten sollte: Die Figuren sollen sich und ihre Gedanken nicht erklären müssen, sondern Figurenhandlung und Informationen sollen es dem Leser ermöglichen, selbst Schlüsse zu ziehen. Dass Autoren manchmal dazu tendieren, offene Stellen durch Figurenkommentare in eine eindeutige Richtung zu lenken - geschenkt. Sarah Penner allerdings lässt ihre Figuren beinahe jeden Handgriff kommentieren. Das führt zu enervierend langen Rückblenden und Sätzen mit wenig Gehalt, zum Beispiel: Zu diesem Zeitpunkt wusste keine der Schwestern, dass Evie in drei Stunden tot sein sollte. Ja, wie denn auch, wenn sie - wie der Leser an dieser Stelle bereist weiß - überraschend ermordet wird?

Ärgerlicher Weise gibt es im Roman viele kleine Fehler, die spätestens im Lektorat hätten behoben werden können: Jedes Kapitel ist mit einer Datumsangabe überschrieben, die meiste Zeit spielt die Geschichte im Februar 1872. Doch zwischendurch ist ein Kapitel aus unerklärlichen Gründen mit September überschrieben. An anderer Stelle liest Lenna in einem Buch mit datierten Einträgen von Nachbesprechungen. Diese liegen aber alle 100 Jahre in der Zukunft, was die Protagonistin nicht zu verwundern scheint. Schade, dass hier offensichtlich viel Energie in die Recherchen zum Viktorianischen London gemacht wurden (im Anhang findet man Rezepte und den Ablauf einer Beerdigungsfeier zu der Zeit), die nicht unmittelbar mit der Handlung zusammenhängen, wichtige Handlungsdetails darüber aber vernachlässigt hat.