Barudi und der (Aber-)glaube

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amara5 Avatar

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Fast schon märchenhaft im Erzählstil nimmt Rafik Schami den Leser in seinem neuen Buch mit auf eine detailreiche Kriminal-Reise nach Syrien vor Ausbruch des Krieges. Kommissar Zakaria Barudi, einer der erfolgreichsten Ermittler im Land, steht vor einem rätselhaften Fall: Kardinal Cornaro wurde ermordet und in einem Olivenfass an die italienische Botschaft geliefert - versehrt mit Stigmata, die auf eine gezielte Tötung mit kodierter Nachricht hinweisen. Barudi erhält Unterstützung von einem italienischen Kommissar, der in Italien schon die Mafia gejagt hat - Marco Mancini. Die beiden freunden sich an und durch ihre zahlreichen Unterhaltungen wird immer klarer, wie nah sich beide Länder in Sachen Korruption, Sippenherrschaft und Aberglaube sind. Immer weiter dringen sie vor in die syrische Wüste und in korrumpierte Machtverhältnisse, Clanwirtschaften, aber auch zu ominösen Wunderheilern und Bergheiligen. Das syrisch-italienische Ermittlerduo gerät bei der Aufklärung, auf welcher geheimen Mission der Kardinal war, selbst in Lebensgefahr und in die Fänge von Islamisten - wo Barudi einen alten Bekannten wiedertrifft.

Tiefe Einblicke in das (Seelen-)leben des Kommissars erhält der Leser durch dessen Tagebucheinträge, in denen er seine Einsamkeit seit dem frühen Tod seiner Frau, aber auch die Widersprüche in seinem Land, die Sabotagen seitens der Geheimdienste und seine Kindheitserlebnisse festhält. Überhaupt spielt die Kriminalgeschichte eher eine zweitrangige Rolle in dem Buch - Schami erzählt sehr viel von seinem Geburtsland Syrien, von den Menschen, den kulinarischen Spezialitäten und von den dunklen Machenschaften, die das Land in den Abgrund gerissen haben. Humor lässt er aufblitzen, wenn er von den Wunderheilern wie dem furzenden Bergheiligen erzählt oder von Abergläubigen. Den eigenen Glauben an den Staat hat Barudi Stück für Stück verloren - es wird sein letzter Fall sein und auch seine hohe Auszeichnung wird er am Ende nicht mehr abholen. Dafür hat er den Glauben an eine neue Liebe wieder gewonnen und seine Einsamkeit besiegt.
Rafik Schami wird seinem Ruf als begnadeter Geschichtenerzählter auch in diesem Roman gerecht - ein modernes Märchen über (Aber-)glaube, kriminelle Machenschaften, Fanatismus aber auch über Freundschaft, Mut und Liebe.