Ein sehr gut gelungener Krimi.

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wedma Avatar

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Es ist ein Krimi, sowohl der Form als auch dem Inhalt nach, aber ein sehr gut geschriebener: spannend, atmosphärisch, mit feiner Prise Humor, in der angenehmen Sprache verfasst uvm.
Klappentext beschreibt die Eckpunkte ganz gut: „… Die italienische Botschaft in Damaskus bekommt 2010 ein Fass mit Olivenöl geliefert, darin die Leiche eines Kardinals. Kommissar Barudi will das Verbrechen aufklären; Mancini, ein Kollege aus Rom, unterstützt ihn und wird sein Freund. Auf welcher geheimen Mission war der Kardinal unterwegs? Bei ihrer Ermittlung südlich von Aleppo fallen die beiden Kommissare in die Hände bewaffneter Islamisten...“
Die beiden Ermittler konnte ich gleich zu Anfang ins Herz schließen. Sie gehört schon zum älteren Semester: Barudi steht kurz vor der Pensionierung. Mancini ist etwas jünger, hat lange gegen Mafia gekämpft. Beide haben ihre Verletzungen im Laufe ihrer Leben geholt und vllt mehr schlecht als recht überwunden. Beide haben einen etwas bitteren Humor und gewisse Abgeklärtheit davongetragen. Aber sie haben nicht aufgehört, sich vom Leben überraschen zu lassen. Eine Portion Optimismus haben sie sich doch bewahrt. Sie ergänzen einander sehr gut. Das, was Barudi aufregt und die letzte Motivation raubt, nimmt Mancini gelassen und gibt dem Team die nötige Zuversicht und Energie weiterzumachen.
Der Autor entführt seine Leser in Damaskus vor dem Krieg und zeigt, wie das Leben und Arbeiten dort einmal waren. Gerade von Barudi und seinen Tagebuchaufzeichnungen erfährt man vom blühenden Nepotismus, von den Repressalien, die so mancher Kollege und er selbst ertragen mussten, weil sie einen der Söhne der Mächtigen mit Drogenhandel und ähnlichen Dingen erwischt hatten. Interessant war, wie diese ihre Probleme lösten, was einen über die Nachhaltigkeit solcher Systeme nachdenken lässt. Es wurden auch andere, einfache Menschen gezeichnet, wie sie lebten, was sie in ihrer Freizeit taten, was ihnen wichtig war. So entstand vorm inneren Auge der Leser ein lebendiges, authentisches Bild der damaligen Zeit in Syrien.
Recht gemütlich ging die Erzählung dahin. Es wurde recht viel gekocht und gut gegessen, und über das Leben und die Welt nachgedacht.
Den Erzählstil fand ich recht schön, zwar detailreich, aber doch nicht allzu ausufernd. Hier wurde mMn eine gute Balance zwischen der orientalisch üppigen Erzählweise und dem typischen Krimistil getroffen. Es gab kaum Längen. Das meiste, was dem Leser mitgeteilt wurde, hatte mit dem Geschehen früher oder später zu tun. Die Handlung wurde ganz gut vorangetrieben.
Spannend wurde, als die beiden Ermittler in die Hände bewaffneter Islamisten fielen, wie der Klappentext verrät, was nicht unbedingt hätte sein müssen. Knapp und griffig wurden ihre Motive, ihre Sicht des Geschehens zusammengefasst. Stimmt mit den mir bisher bekannten Sachbüchern zu dem Thema überein. Natürlich mischten sich die politischen mit den privaten Gründen, wie bei so vielen. Um der Romanform gerecht zu werden wurde hier eine herzzerreißende Liebesgeschichte aufgetischt. Aber gut, das bleibt der künstlerischen Freiheit überlassen. Insgesamt mangelt es hier an Liebes- und Lebensgeschichten wohl kaum.
Am Ende ist alles geklärt und aufgelöst.

Fazit: Ein sehr gut gelungener Krimi, auch wenn er als Roman deklariert wurde, in dem solche Themen wie Liebe, Familie, Freundschaft, Frieden, Krieg, Glaube, Religion, das Recht auf Selbstbestimmung, ob für Frauen oder auch für Männer, Völker, Länder, uvm. sehr kunstfertig, tiefgründig und zugleich unterhaltsam in Szene gesetzt wurden. Orientalisch atmosphärisch, in weiten Strecken gemütlich, toll geschrieben.