Krimi in einem Syrien, das es so nicht mehr gibt!

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petris Avatar

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Rafik Schami zählt zu meinen Lieblingsautoren, auf seine Bücher warte ich auch immer mit Ungeduld und habe so ziemlich alles aus seiner Feder gelesen. Groß also die Freude, als „Die geheime Mission des Kardinals“ endlich erschien.

Rafik Schamis Roman ist eigentlich ein klassischer Krimi, nicht so ganz mein Genre, aber wenn der Autor Schami ist, muss ich ihn dennoch lesen. Kommissar Barudi (der 2004 in „Die dunkle Seite der Liebe“ schon einmal ermittelt hatte, ich konnte mich allerdings nicht mehr daran erinnern) steht kurz vor seiner Pension. Er ist nach dem Tod seiner Frau sehr einsam, zählt schon die Tage bis zur Pension. Da bekommt er es mit einem mysteriösen Fall zu sein. Die italienische Botschaft in Damaskus bekommt ein Fass Olivenöl geliefert, darin die Leiche eines Kardinals, der in Syrien zu Besuch war. Kommissar Barudi packt der Ehrgeiz, diesen Fall will er noch vor seiner Pension aufklären. Unterstützung bekommt er dabei vom italienischen Ermittler Mancini, mit dem er sich auf Anhieb versteht.
Damit beginnt eine abenteuerliche, gefährliche Reise in die Abgründe der syrischen Gesellschaft und Politik. Das Herrscherhaus sitzt fest im Sattel, unterstützt vom ganzen Clan, von 15 Geheimdiensten und auch vom Aberglauben der Bevölkerung, unterdrücken sie jegliche Kritik. Es wird schwierig, innerhalb dieses Sumpfes ein Verbrechen aufzuklären. Da stellt sich sogar die Frage, ob es rechtens ist, in einem Unrechtsstaat die Hilfe von Verbrechern anzunehmen, um ein anderes Verbrechen aufzuklären.

Schami gelingt es hier wieder hervorragend, mit einfachen Worten (der Stil erinnert an Märchen), eine unglaublich spannende Geschichte zu erzählen, ganz viel Faktenwissen einzubauen, gegen Aberglauben und Korruption einzutreten und gleichzeitig verständlich zu machen, warum Menschen z.B. zur IS gehen wollen, warum Aberglaube in allen Religionen so stark verankert ist. Auch Machenschaften des Vatikans und der Mafia fließen ein. Dennoch liest sich das alles flüssig, man kann das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen.

Einzig die Charaktere sind ein wenig klischeehaft und flach geworden, aber das passt irgendwie trotzdem dazu, zum Stil, der nach Sagen und Märchen klingt und auch zum Krimi.

Ein Roman, der für viele Leser*innen geeignet ist, ein Krimi nicht nur für Krimileser, ein hochpolitisches Buch für alle, die Faktenwissen gerne spannend verpackt haben, für Leser*innen, die die arabische Welt mögen und einfach für alle, die sich gerne von spannender Lektüre mit viel Hintergrund unterhalten lassen. Toller Roman!