Syrien vor dem Bürgerkrieg

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Kommissar Barudi hat es nicht leicht als Kriminalist in Damaskus im Jahr 2010: einerseits wird er als Held gefeiert, der bereits Hunderte von Morden aufgeklärt hat und damit der erfolgreichste Ermittler des Landes ist. Andererseits ist er kein Anhänger des Regimes, in dem der Präsident in alle Gebiete seines Reiches hineinregiert, auch in den Polizeiapparat. Sobald der Täter ein Verwandter des Präsidenten oder einer seiner Mitläufer ist, darf Barudi zwar ermitteln, "dran glauben" muss aber dann meist ein armer Teufel, den man ohne große Widersprüche ins Gefängnis bringen oder sogar hinrichten darf. So verzweifelt Barudi längst an seinem Staat, er hat zu hohe moralische Ansprüche und glaubt zu sehr an die Gerechtigkeit. Mittlerweile steht er wenige Monate vor seiner Pensionierung und möchte diese Zeit noch ruhig rumbringen, um seine Rente nicht zu gefährden.
Doch dann wird ein katholischer Kardinal aus Rom, der in einer geheimen Mission in Syrien unterwegs war, ermordet, ausgeweidet und in einem Ölfass eingelagert vor der itlaienischen Botschaft abgeliefert. Wer steckt dahinter ? Terroristen ? Die syrische Mafia ? Da es um einen Italiener geht, wird Barudi ein Commissario aus Rom zu Seite gestellt, Mancini, ein Lebemann mit viel Witz, vielen Frauen und denselben Problemen wie Barudi: auch in Rom regieren viele mit und steuern die Ermittlungen.... Die beiden verstehen sich auf Anhieb und reisen in den Norden Syriens , wo der Kardinal angeblich einen Wunderheiler besuchen wollte und dort verschwunden ist. Was hat aber ein syrischer Scharlatan mit polititschen Verwicklungen zu tun ?
Zunächst mal hat mir das Buchcover sofort gefallen, es ist auffällig und deutet schon auf die persischen Gefilde hin, in denen der Roman spielt.
Der Inhalt hat mich aber ziemlich beschäftigt. Die Geschichte selbst ist gut ausgedacht und flüssig erzählt, die Figuren sind interessant und liebevoll gezeichnet, vor allem Barudi als weiser Kommissar, der selbst schon bestechlich war und die Tiefen der menschlichen Seele kennt, aber letztlich resignieren musste am System in Syrien. Ähnlich der italienische Commissario, der sich auch seinem System unterordnet.
Nun ist Rafik Schami ein begnadeter Erzähler, ich kannte ihn eher als Märchenerzähler und dies kann er nicht verleugnen. Für einen Krimi ist das aber eher hinderlich, denn nahezu auf jeder zweiten Seite wird der Roman durch manchmal extrem ausschweifende Geschichten über Syrien, Personen, Landschaften, Sagen, Kultur, Aberglauben usw. unterbrochen. Das hemmt den Fluß der eigentlichen Handlung und ist bisweilen auch ziemlich zäh. Daher kann ich nicht die volle Punktzahl geben. Interessant war es aber dennoch, Syrien in der Zeit vor dem Bürgerkrieg zu erleben. politisch verstanden habe ich die jetzige Lage mit einem ewigen Hin und Her aber immer noch nicht.....