Leider nur unvollständige Übersetzung des Erzählbands
Trotz gelungener Übersetzung verbleibt nach Lektüre der deutschen Ausgabe des überzeugenden Erzählbands "Die Geschichte des Klangs" von Ben Shattuck leider ein eher fader Beigeschmack. Das liegt nicht an dem Text Shattucks: Die beiden Kurzgeschichten überzeugen durch ihre starke und eindringliche Sprache und das große Erzähltalent Shattucks und hätten an sich fünf Sterne verdient. Auch die Übersetzung von Dirk van Gunsteren liest sich gut und ist über jeden Zweifel erhaben. Doch wirft die Entscheidung des Hanser Verlags lediglich zwei der 12 (!) Erzählungen des Erzählbandes zu übersetzen große Fragen auf. Obwohl die deutsche Ausgabe das gleiche Cover wie das Original trägt, hat sie dementsprechend inhaltlich kaum etwas mit der englischsprachigen Fassung gemein und fasst lediglich knapp 100 Seiten (und diese auch nur, da der Text mit übergroßem Zeilenabstand gedruckt wurde - wohl um den nur geringen Inhalt der deutschen Fassung etwas zu verdecken). Es entsteht der Eindruck, dass der Hanser Verlag vor allem auf den kommerziellen Erfolg im Zuge der bevorstehenden Verfilmung der titelgebenden Kurzgeschichte spekuliert. Offenbar hielt man es für kommerziell sinnvoller, lediglich diese eine Geschichte samt einer weiteren zu veröffentlichen – vermutlich aus Sorge, ein vollständiger Erzählband mit Geschichten ohne zusammenhängende Handlung könne beim deutschen Publikum Verwirrung stiften oder sich schlechter verkaufen. Bedauerlich ist, dass die übrigen zehn Geschichten – im Hinblick auf das literarische Talent Shattucks und sehr positiven englischen Kritiken sicherlich durchweg lesenswert – nicht übersetzt wurden und damit dem deutschsprachigen Lesepublikum vorenthalten bleiben. Noch bedauerlicher jedoch ist der Eindruck, dass ein renommierter Literaturverlag wie der Hanser Verlag so deutlich wirtschaftliche Erwägungen über die literarische Aspekte stellt.