Blick zurück auf eine Jugendfreundschaft

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evaczyk Avatar

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Eine norddeutsche Kleinstadt in den 1970-er Jahren, wo der Höhepunkt der Rebellion ist, im autonomen Jugendzentrum abzuhängen und zu kiffen. Für die (fast) 16 jährigen Freundinnen Kat und Easy ist das schon die kleine Revolte, die so manches Mal mit Hausarrest endet. Denn im Jugendzentrum gibt es nicht nur den netten aber nervigen Lothar, der immer freigiebig mit seinem Gras ist, da ist auch Fripp, der mit seinen 20 Jahren eigentlich schon ein alter Mann ist, aber den alle cool finden. Kat jedenfalls ist schwer verliebt und fällt aus allen Wolken, als ausgerechnet Fripp und Easy ein Paar werden. Unerwiderte Liebe tut immer weh, aber wenn ausgerechnet die beste Freundin die Auserwählte des Mannes ist, den ein Mädchen will, ist das natürlich noch mal so schlimm.

Die Jungmädchenträume in der Kleinstadt, das Träumen von Aufbruch und neuen Erfahrungen hat Susann Pasztor in "Die Geschichte von Kat und Easy" glaubwürdig und sensibel eingefangen. Beim Lesen läuft quasi ein Soundtrack der 70-er Jahre Oldies, mit Räucherstäbchen, Patchouli und Outfit aus dem Indienladen.

Auf einer weiteren Erzählebene führt der Roman in die Gegenwart. Auch Rebellen bekommen graue Haare und, im Fall von Kat, Arthritis in den Knien. Trotz ihren unter den digitalen Machern fortgeschrittenen Alters ist sie erfolgreich mit einem Lebenshilfe-Blog, gewissermaßen Sorgen- und Briefkastentante. Dann kommt ein Brief, der macht ihr klar: Hier kennt jemand die Kat hinter dem Pseudonym Mockingbird. Es geht nicht um die Sorgen und Nöte von Fremden, sondern es ist etwas Persönliches. Und das ausgerechnet zu einer Zeit, als Kat nach vielen Jahren wieder Easy trifft, in deren Ferienhaus auf Kreta.

Sie haben sich einander entfremdet, obwohl sie sich einmal so nah waren. Zwischen ihnen steht immer noch Unausgesprochenes und die gemeinsame Urlaubwoche muss zeigen, ob Nähe und Vertrautheit wieder hergestellt werden können. Denn die Briefe and"Mockingbird" gehen weiter und verlangen nach Antworten - nicht nur im Blog, sondern auch auf Kreta.

Mit leichter Hand und eher entspannt erzählt, geht es um die Versöhnung mit der eigenen Vergangenheit, mit der Frage, was eigentlich mal die Freundschaft ausgemacht hat und ob man sich immer noch was zu sagen hat. Ob manche Dinge vielleicht endlich mal ausgesprochen werden. Um Schuld und Vergebung. Auch wenn es um große Fragen geht, ist die Geschichte von Kat und Easy nicht allzu tiefschürfend, eher heiter mit einem Hauch von Melancholie. Auch wenn ich mir teilweise mehr erwartet habe, ein Buch wie eine Spätsommerbrise, in der schon der Herbst zu spüren ist.