Jugend in den 70er-Jahren

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Zwei Frauen, beide Anfang sechzig, treffen sich nach fast fünfzig Jahren zu einem Urlaub auf der Insel Kreta. Bei ihrem Treffen werden die 70er-Jahre wieder lebendig, ihr Lebensgefühl als Jugendliche mit autonomem Jugendzentrum, Drogen, Rockfestival und dem ersten Sex. Diese Erlebnisse bilden den Hintergrund für die Wiederannäherung der beiden Frauen als Erwachsene. Denn es ist trotz der erwähnten Aspekte kein Coming-of-Age-Roman, sondern eher die Geschichte von zwei älter gewordenen Frauen, die durch die Erlebnisse in ihrer Jugend nachhaltig geprägt worden sind.
Abwechselnd befinden sich die Leser*innen entweder im Jahr 1973 in Laustedt, einer deutschen Kleinstadt, oder auf Kreta im Hier und Jetzt. Die Kreta-Episoden werden aus der Perspektive der Ich-Erzählerin Kat geschildert, die Laustedt-Rückblenden sind in personalem Erzählstil gehalten. Das ist nicht die einzige Brechung in diesem Roman. Ein interessanter Kunstgriff besteht darin, dass Aussprache und Annäherung von Kat und Easy zunächst quasi anonym über einen Blog Kats erfolgt. Das ermöglicht der Autorin Susann Pásztor, den wesentlichen Grund für die Trennung der Freundinnen bis ganz zum Schluss verborgen zu halten.
Sehr gelungen hat sie die Atmosphäre der 70er-Jahre eingefangen. Die erste Liebe und der freie Umgang mit Sex spielen eine wesentliche Rolle in der Beziehung der Protagonistinnen, die als Jugendliche glaubhaft beschrieben werden. Ihre Verletzlichkeit und ihre heutige Persönlichkeit lassen sich auf die Erfahrungen in dem besonderen Sommer 1973 zurückführen. Allerdings bleibt die Charakterzeichnung der erwachsenen Easy dabei hinter der von Kat zurück und manches in der Beziehung erscheint nicht folgerichtig.
„Wir waren jung damals, aber wir waren trotzdem längst die, die wir heute sind. Das ist erschreckend und tröstlich zugleich (…).“ Das ist einer der letzten Sätze des Romans. So ganz konnte die Autorin das jedoch über die Länge des 269 Seiten umfassenden Buchs nicht deutlich machen.