Schonungslos ehrliche Dorfstimmen zur irischen Finanzkrise

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Donal Ryan erzählt von der Finanzkrise in Irland. Ort des Geschehens ist ein Dorf, dessen Baufirma durch falsch kalkulierte Immobilienkäufe pleite geht. Der korrupte Chef Pokey Burke hat sich abgesetzt - ohne ausgezahlte Löhne und ohne Alterssicherung für seine Angestellten. Doch nicht nur Pokeys ehemaligen Angestellten sind betroffen: alle Dorfbewohner leiden auf verschiedene Weise unter der Krise.
In "Gesichter der Wahrheit" erzählen 21 Menschen, wie sie zur Krise stehen und welchen Hürden sie ausgesetzt sind. Darunter befindet sich der ehemalige Vorarbeiter Bobby, der einst gut bezahlt wurde und nun ohne Job seine schöne Frau und seinen Sohn versorgen muss, ein Zuwanderer, die örtliche Prostituierte, die ganz allein lebt, und Bobbys Vater, der nur noch aus Boshaftigkeit lebt.

Der Autor gibt jedem Bewohner im jeweiligen Kapitel eine Stimme, lässt sie sagen, was sie auf der Zunge haben, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Die einen pöbeln, die anderen hassen, wieder andere weinen. Es wird deutlich, dass der dörfliche Unmut durch die Krise steigt - jeder ist auf sein Leben und seinen Vorteil bedacht. Hass gegenüber anderen wird geschürt, es wird gelästert und geprügelt. Es kommt zu einer gemunkelten Affäre, einer Kindesentführung und zu Mord.

Der Leser kann sich kurz dem Leben der einzelnen Menschen annähren, ihre Geschichte hören, ihre Wut, ihren Hass oder ihre Trauer spüren und im Laufe der Kapitel spüren, wie zerrüttet die Dorfgemeinschaft ist und wie getroffen das Dorf ist - durch Pokey Burke, der nun der meist gehasste Mann der Gegend ist.

Donal Ryans Schreibstil ist klar, umgangsprachlich, bildhaft und lässt den Leser auf den Wellen der Emotionen und Schimpfereien treiben.