Die pubertären Verwirrungen von Sea Cliff

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hurmelchen Avatar

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Vendela Vidas Roman „Die Gezeiten gehören uns“ spielt Anfang der 1980 er Jahre in Sea Cliff, einem Stadtteil im Nordosten San Franciscos, der bekannt ist, für seinen freien Blick auf die Golden Gate Bridge. In dieser wohlhabenden Nachbarschaft, wächst die 13- jährige Eulabee mit ihren Freundinnen auf. Die Teenager besuchen die Mädchenschule „Spragg‘s“, beginnen, ihre Sexualität zu entdecken, und stehen in ständiger Konkurrenz zueinander. Maria Fabiola ist Eulabees beste Freundin, manipuliert diese und die anderen Mädchen allerdings.
Gekonnt beschreibt Vida den Druck, der unter den Heranwachsenden herrscht, den Druck, schön zu sein, aufzufallen, genug Geld zu haben, ja, dazuzugehören.
Als sich Eulabee eines Tages gegen Maria Fabiola positioniert und einer Beobachtung des Mädchens widerspricht, wird sie ausgegrenzt.
Das alles hört sich nach einer interessanten Coming- of- age- Story an, und am Anfang war ich auch noch recht angetan, aber mit zunehmendem Fortgang, ging der Geschichte die Luft aus.
Schnell kommt man als LeserIn dahinter, was es mit der toxischen Freundschaft zwischen Eulabee und Maria Fabiola auf sich hat, aber
auf die Dauer des Romans ist die Geschichte irgendwann zu dürftig und tritt auf der Stelle. Das mag auch an den durchweg konturlosen Personen liegen, die den Roman bevölkern. Einzig Eulabee, die aber auch als Ich- Erzählerin fungiert, umgibt ein Charakter. Alle anderen, Eltern, Freundinnen, Jungen und allen voran, die teilweise völlig überzeichneten Lehrer, sind nichts als leere Hülsen.
Immer wieder deutet Vendela Vida interessante Wendungen an, auf die dann aber leider nicht weiter eingegangen wird.
Der Selbstmord eines Vaters, das psychisch- kranke Verhalten einer Schwester, die seltsame Ballettlehrerin, das schwedische Au-Pair Mädchen, das plötzlich bei Eulabees Familie einzieht und die ungarisch- stämmige Familie von Eulabees Vater. Alles Aspekte, die man hätte verfolgen und vertiefen können, die am Ende aber keine Konsequenzen haben.
Der ebenfalls reichlich aufgesetzt wirkende Epilog des Romans, der 35 Jahre nach der eigentlichen Handlung anberaumt ist, wirkt zudem auch wenig erhellend.
Alles in allem empfinde ich den Roman, trotz teilweise schöner Prosa, als belanglos.