Leserausch!

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mike nelson Avatar

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Ein außergewöhnlicher Roman! Mit einem großen Feingefühl für Stimmungen beschreibt Vendela Vida die Beziehungsdynamik einer Clique von Teenagerinnen auf einer Privatschule für Mädchen in San Francisco mitte der 80-er Jahre. Der Anpassungsdruck ist hoch, Schuluniformen sorgen für Gleichförmigkeit, wo doch jede der Freundinnen irgendwie auch ein großes Bedürfnis nach Einzigartigkeit hat. Eulabees allseits bewunderte Freundin Maria Fabiola ist - frei nach Homer's Odysee - die Sirene in der Gruppe - schön, aus reichem Elternhaus und mit einem unstillbaren Aufmerksamkeitsbedürfnis ausgestattet. Als Eulabee bei einem Vorfall mit einem vermeintlichen Exibitionisten bei einer anschließenden Befragung eine andere Aussage macht, dass sie nämlich nichts Schändliches beobachtet habe, führt dies zum Ausschluss aus der Clique der 'besten Freundinnen'. Vendela Vida beschreibt die Jugend als eine Zeit, in der die Welt förmlich darauf wartet, erobert zu werden: "Wir versuchten bescheiden zu bleiben, aber wir waren Heldinnen." Durch den Ausschluss ist Eulabee zunächst auf sich selbst zurückgeworfen und wird gleichzeitig zu einer distanzierten Beobachterin des Geschehens. Als Maria im Rahmen einer weiteren Selbstinitiierung von einer angeblichen Entführung zurückgekehrt ist, erlebt Eulabee ihre Wiederaufnahme in die Clique - allerdings unter dem Druck, Marias aufmerksamkeitsheischende Geschichte teilen zu müssen. Erst viele Jahre später, in den 2020-ern, offenbart sich, was die Wahrheit hinter den Geschehnissen ist und die verführerische Kraft der Sirene Maria Fabiola entpuppt sich als Blendung und große, lebensbegleitende Selbstlüge. Selten habe ich einen Roman gelesen, der mir die verrückte Zeit der Jugend so nahe gebracht hat. Ein wunderbares Buch!