Vertraute Elemente neu zusammen gefügt

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romy_abroad Avatar

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Eulabee wächst in einem wohlhabenden Teil des San Francisco der 1980er Jahre auf. Sie ist 13 Jahre alt, geht auf eine reine Mädchenschule, trägt dort Schuluniform und hört auf das, was die Lehrer sagen. Doch sie treibt sich auch gerne mit ihren Freundinnen am Strand herum, ärgert die Gärtner der Nachbarn oder trifft sich hin und wieder auch mal mit einem der Jungs, die sie beim Tanzkurs kennen gelernt hat. Beinah immer an ihrer Seite ist ihre Freundin Maria Fabiola, eine wahre Schönheit, die allerorts Blicke auf sich zieht. Diese Blicke sind teilweise bewundernd, teilweise neidisch, teilweise lüstern - und sie ändern auch die Art und Weise, wie die Freundinnen sich gegenseitig sehen. Mit der Zeit passieren immer wieder Dinge, die die Freundschaft zwischen Eulabee und Maria Fabiola strapazieren. Als Maria Fabiola eines Tages verschwindet, kommt diese Entwicklung zu ihrem Höhepunkt...

Vendela Vida greift bei ihrer Erzählung über Eulabee und Maria Fabiola auf bekannte Themen und Muster zurück: Teenager sind grausam, in der Schule ist Popularität alles, junge Mädchen werden früh sexualisiert, in der Pubertät liegen Wahrheit und Lüge eng beieinander. Sie verwebt sie geschickt, sodass daraus eine Decke aus Vertrautheit entsteht, in die sich der Leser einhüllen lässt, und dabei beinahe verpasst, welch schlimmen Dinge um ihn herum passieren. Dazu trägt auch der Schreibstil der Autorin bei: Sie erzählt locker und ungezwungen, als würde sie einer Nachbarin beim Kaffee von den neuesten Streichen ihrer Kinder erzählen. Dadurch wirken viele Dinge harmlos, die den Leser eigentlich schockieren sollten, wodurch der Schock dann manchmal umso tiefer sitzt. Die Geschichte rumd um Eulabee und Maria Fabiola ist insgesamt unterhaltsam, aber manchmal verstehe ich sie nicht ganz. Dabei sind mir nicht die Entwicklungen unklar, sondern die Absichten der Autorin. Was soll der Leser empfinden, denken, durchschauen? Auch der Zeitsprung am Ende des Buches hat mich eher verwirrt, als zu einem stimmigen Gesamteindruck der Erzählung beizutragen. Trotz allem hat mir das Buch gut gefallen, gerade weil es durch den Bruch mit verschiedenen Konventionen (z. B. umfassender Spannungsbogen) unvorhersehbar ist. Ich bin mir sicher, dass "Die Gezeiten gehören uns" vielen Leserinnen und Lesern Freude bereiten wird!