Eine ruhige, tiefgründige Geschichte über die Menschlichkeit in schwarzen Zeiten

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thirteentwoseven Avatar

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Die Bewertung dieses kleinen, ruhigen Büchleins mit nur rund 170 Seiten fällt mir nicht leicht. Es geht um die sogenannte Hallig-Gräfin, Diana von Reventlow-Criminil, die tatsächlich gelebt hat und um die sich viele Sagen ranken.

In dem Buch hat sich die Gräfin zusammen mit ihrem Knecht Maschmann und der jungen Haushälterin Meta schon vor Ausbruch des 2. Weltkriegs auf eine Hallig bei den nordfriesischen Inseln zurückgezogen. Dort führt sie ein beschauliches, fast einsiedlerhaftes Leben in Einklang mit der Natur und den von ihr über alles geliebten Tieren. Als kurz vor Ende des 2. Weltkrieges ein englischer Pilot im angrenzenden Watt notlanden muss, bekommt ihre bis ins hohe Alter aufrecht gehaltene Contenance erste Risse. Die zu tiefst gutherzige und hilfsbereite Gräfin hat über Jahrzehnte ein bitteres Geheimnis gehütet...

Dies ist ein Buch über die Menschlichkeit und Empathie in den dunklesten Zeiten der Menschheit. Auch wenn der Erzählstil und Handlung ruhig und gelassen daherkommen, schwelen untergründig große Emotionen. Die Bedrohungen und Gefahren, denen Gegner und Widerstandkämpfer des 3. Reiches ausgesetzt waren, sind überall greifbar. Doch auf der kleinen Hallig werden vorgeschriebene Feindbilder demontiert und auch der Feind zum Menschen. Jeder trägt seine eigenen Verwundungen in sich.

Am Rande dieser zarten, tiefgründigen Erzählung um die Hallig-Gräfin entspannt sich sogar ganz wie nebenbei eine kleine Liebesgeschichte.

Das einzige, was mich an der Erzählung gestört hat, ist, dass es im Umfeld der Gräfin einschließlich des gestrandeten Briten zu viele "Gutmenschen" gibt. Das erscheint mir einfach zu unglaubwürdig. Es gibt zu wenig Ambivalenzen, Zweifel und Ängste am eigenen Tun, auch von Verrat und Hintergehen keine Spur. Das Buch ist dadurch kurz davor ins Kitschige abzugleiten, aber es bekommt in meinen Augen die Kurve, denn die Gefahr, die von den Nazis ausgeht, ist immer unsichtbar vorhanden.

Fazit: Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen und werde es weiter empfehlen. Letztlich zeigt es doch, dass wir alle - ob Freund, ob Feind - doch nur Menschen sind und auch in den schlimmsten Zeiten unsere Menschlichkeit bewahren sollten. Lesenswert!