Kurzes, knappes Historienstück, für meinen Geschmack etwas zu spröde!

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mrsmurphy Avatar

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Irma Nelles legt mit „Die Gräfin“ ihren Debütroman vor. Bei der Hallig Gräfin von Reventlow-Criminil handelt es sich um eine historische Figur, die tatsächlich lebte, die beschriebenen Ereignisse sind jedoch fiktiv. Ende des zweiten Weltkriegs stürzt ein englischer Aufklärer mit dem Piloten John-Philip Gunter an Bord ins Watt vor der nordfriesischen Hallig Südfall, wo die achtzigjährige Gräfin zusammen mit Knecht Knut und Haustochter Meta ein recht ruhiges, einsames Leben führt. Der Pilot wird versteckt und gesund gepflegt. Zur Gräfin und zur jungen Meta entwickelt John neugierige, teils amouröse Beziehungen, Knecht Knut ist eher am Flugzeug des jungen Engländers interessiert.

Die Perspektiven sind im Roman aufgrund der geringen Figurenzahl recht überschaubar. Die Gräfin wirkt unnahbar und spröde, verbringt viel Zeit allein mit Hund Hunter in der Natur oder reklamiert laut Klassiker der Literatur. Richtig schlau wurde ich nicht aus ihr, immer hatte ich das Gefühl, dass da etwas ist, ein Geheimnis, ein Trauma, aber wirklich enthüllt wurde dies bis zum Ende hin nicht. Die Liebesgeschichte zwischen John und Meta dagegen kommt ziemlich vorhersehbar daher.

Und dann plötzlich ist der Roman nach knapp 170 Seiten auch schon wieder vorbei. Gefühlt mittendrin in der Geschichte. Kein Nachwort, kein Epilog, nichts Erklärendes, was die Geschichte eingeordnet hätte. Das hat mir wirklich gefehlt.

Die Erzählung mit ihrem spröden Charme hat mit eigentlich gefallen. Die Gräfin als Figur bot so viel Potential, welches aber nicht wirklich ausgeschöpft wurde. So habe ich nach Abschluss der Lektüre das Gefühl, einen Roman im Entwurfsmodus gelesen zu haben. Hier hätte die eine oder andere Überarbeitung und noch etwas mehr „Fleisch an den Knochen“ geholfen, das Leseerlebnis auf die volle Punktzahl zu heben.