Es geht weiter

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heidersv Avatar

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Der große Vorteil des Buches ist leider auch gleichzeitig sein Nachteil: als Leser des ersten Bandes kennt man die Protagonisten.
Der Vorteil liegt auf der Hand: so ist einfacher für die Autorin neue Aspekte einzuführen. Die Problematik der Auswanderer und ihres Elends, ihres ausgebeutet seins. Und natürlich schildert sie weitere Aspekte der Frauenbewegung vor dem Ersten Weltkrieg, diesmal buchstäblich mit mehr Kampfgeist. Zusätzlich bekommt Helene eine bittere Lektion in Form von Dienstbarkeit durch das ehemalige Dienstmädchen der Familie. Und die Autorin spart sich neue Protagonisten, die erst umfänglich eingeführt werden müssen. Man bleibt in der Welt von Dr. Anne Fitzpatrick, Helene Curtius und Kommissar Reydt. Ihre eigenen Entwicklungen und Beziehungen zueinander werden konsequent weitererzählt und entwickeln sich auch. Anne kommt einem dunklen Familiengeheimnis auf die Schliche, eine zarte Romanze entspinnt sich zwischen Helene und dem Kommissar. Wer weiß, was da die bestimmt folgenden Folgebände daraus machen.
Und es ist auch einfacher für die Leserschaft, sofort zu wissen, wer denn wer ist, mit welcher Vorgeschichte diese Personen hier agieren. Hat man das erste Buch gelesen, ist man sofort mitten drin und freut sich über die neuen Aspekte, von denen es -siehe oben- reichlich gibt.
Der Nachteil liegt auf der Hand: wer den ersten Band nicht gelesen hat, wird überfahren. Hin und wieder werden netterweise kleinere Bezüge zum ersten Teil eingefügt, aber als Erstleser/in könnte man sich schnell überfordert fühlen.
Zum Inhalt: Auf der Veddel hat sich Albert Ballin ein großes Viertel reserviert, in dem er die Auswanderer „zwischenlagert“. Es gibt medizinische Betreuung, Beobachtung und dann bestens organisierte Verteilung auf die Auswandererschiffe Richtung Amerika. Und jetzt sterben auf der Veddel plötzlich Kinder, höchstwahrscheinlich vergiftet. Doch da das nicht sicher nachweisbar ist, arbeitet Kommissar Reydt an dem Fall des ermordeten Mädchenhändlers. Allerdings wird bei diesem ein großer Koffer mit Gift gefunden. So kreuzen sich die Ermittlungen. Helene als zukünftige Lehrerin im Praktikum unterrichtet die Kinder auf der Veddel und ist so ebenfalls involviert.
In diesem Buch beginnt die Autorin zwar wieder recht spät, aber nicht zu spät, das Augenmerk auf die verbrechen und ihre Aufklärung zu lenken, das beginnt deutlich früher als im ersten Band. Zudem wird die Wissenschaft, die spätere Forensik mehr und Teil des Polizeialltags.
Das reicht dann locker für 4 Sterne.