Angenehm spannend!

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
eulamaria Avatar

Von

Die Hafenärztin ist ein sehr spannendes Buch, ohne atemlos zu werden, das ich nicht mehr aus der Hand legen konnte.
Bereits das hochwertige Cover macht neugierig. So sieht man eine junge Frau in der Kleidung, die zur Kaiserzeit im gutbürgerlichen Milieu getragen wurde, vor der Hamburger Stadt-Silhouette. Im Klappentext des Buches wird ein Leichenfund erwähnt, so dass man sich fragt, was diese junge Frau damit zu tun haben mag.
Henrike Engel lässt die Leser*innen abwechselnd drei Personen begleiten, deren Wege sich durch die Hafenmorde und die Frauenbewegung kreuzen. Sie beschreibt ihre Figuren, deren Gedanken und Taten sehr lebhaft und liebevoll, so dass man sie nicht nur vor Augen hat, sondern sie mit ihrem ganzen Wesen greifen kann.
Besonders gut hat mir die Entwicklung Helenes gefallen, von einem unsicheren, behüteten Backfisch zu einer selbstbewussten jungen Frau. Zu gern würde ich auch das Geheimnis um Anne Fitzpatrick gelüftet sehen, doch dafür bedarf es wohl des zweiten Bandes. Ich bin gespannt!
Alles in allem ist die Hafenärztin ein lesenswertes und spannendes Buch, das ich sehr gern weiterempfehle.

Nun zum Inhalt des Buches.
Anne Fitzpatrick, vermutlich die Dame auf dem Cover, erreicht nach einer überhasteten Flucht aus London den Hamburger Hafen. Den Grund für ihren überstürzten Aufbruch erfahren die Leser*innen nicht, selbst im weiteren Verlauf des Buches kann man darüber nur Vermutungen anstellen. Hamburg wählte sie als Ziel, da sie hier geboren wurde und aufgewachsen war und sich auskennt. Als eine der ersten Frauen in Deutschland hat sie Medizin studiert. Durch ihr Engagement für die Frauenrechte möchte Anne eine Zufluchtsstätte für Frauen, denen ein Leid zugefügt wurde, direkt dort aufbauen, wo die Not am größten ist, am Magdeburgkai. Hier besitzt ihr Vater, der, bevor er vor Jahren mit der ganzen Familie aus Hamburg fliehen musste, ein bekannter und einflussreicher Hamburger Reeder war, immer noch eine Immobilie, das Grüne Haus. Dies ist genau der Platz, den Anne sich vorgestellt hat, damit die Frauen und ihre Kinder medizinisch betreut, sich einfach nur einmal ausruhen oder auch mit Kleidung und einer warmen Mahlzeit versorgt werden können.
Helene Curtius, Pastorentochter aus großbürgerlichem Haus, will der vermeintlich lieblosen Enge ihres Elternhauses entfliehen und rebelliert gegen die Pläne ihres Vaters ihre Zukunft betreffend. Die stellt sie sich ganz anders vor, als so wie ihre Mutter zu werden. Sie möchte studieren, eigene Entscheidungen treffen, reisen. In der intelligenten und selbstbewussten Anne Fitzpatrick findet sie ein Vorbild. Helene ist es, die im Hafenbecken nahe dem Frauenhaus bei dessen Eröffnungsfeier die erste Leiche entdeckt.
Kommissar Berthold Rheydt ermittelt das erste Mal in eigener Verantwortung. Fußballbegeistert, scharfsinnig und engagiert verfolgt er den Täter, während er noch eine persönliche Tragödie verarbeiten muss.