Morde im Hamburger Hafen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
büchersally Avatar

Von

Hamburg, 1910. Helene Curtius würde am liebsten studieren. Sie möchte mehr im Leben erreichen, als Ehefrau und Mutter zu sein. Mit ihren Eltern gerät sie darüber immer wieder in Streit. Als sie von dem neu eröffneten Frauenhaus im Hafen erfährt, möchte sie dort ihre Mitarbeit anbieten. Doch bevor sie zur Ärztin Anne Fitzpatrick vordringen kann, entdeckt sie eine Frauenleiche. Die herbeieilenden Polizisten entdecken eine weitere unter den Persennings der Boote. Ihre Vermutung, dass diese Frauen tragische Opfer des Milieus sind, bringt noch weitere Frauen in Gefahr. Es wird zum Wettlauf mit der Zeit.

Henrike Engel hat mich schon unter einem anderen Pseudonym von ihrer Erzählweise begeistern können. Als es nun auch noch ein historischer Roman in Hamburg wurde, musste ich natürlich auch zugreifen. Bei der Hafenärztin geht es um Frauen, die im Kaiserreich um ihr Recht nach Selbstverwirklichung, Bildung und Eigenständigkeit kämpfen. Anne Fitzpatrick ist erst seit kurzem wieder in ihre Heimat zurückgekehrt, nachdem sie einige Jahre mit ihrem Vater in London lebte. Um sie rankt sich ein Geheimnis, das vermutlich erst im dritten Teil aufgelöst wird. Den Gegenpart übernimmt Pastorentochter Helene Curtius. Sie hat den Wunsch nach einer sinnvollen Tätigkeit, der ihr aber durch die Entscheidung ihres Vaters verwehrt wird. Als sie zudem noch von der Polizei vernommen wird, sieht er den guten Ruf der Familie in Gefahr.

Die Aufklärung der Mordfälle ist für einen Roman überaus spannend angelegt. Hier kommt die Krimiautorin zum Vorschein, von der wir unter anderem Namen in einem anderen Verlag auch schon lesen durften. Der Täter verbirgt sich im Nebel der Elbe und ist doch immer nur einen Schritt entfernt. Er mordet ähnlich wie Jack the Ripper, der rund 20 Jahre vorher in London sein Unwesen trieb. Die Figuren können so viel Sympathie wecken, dass man keiner ein Zusammentreffen mit ihm wünscht. Kommissar Berthold Rheyd muss seinen ganzen Scharfsinn einsetzen, um den Täter zur Strecke zu bringen. Er ist allerdings nicht nur Ermittler, sondern hat auch etwas Seelenballast bekommen. Er hat Frau und Kind verloren und sucht den Sinn in seinem Leben.

Die Autorin hat die Zeit des beginnenden 20. Jahrhunderts gut recherchiert. Polizeipräsident Gustav Roscher gibt Rheyd immer wieder Anweisungen und lässt die fiktiven Ereignisse real erscheinen. Die gesellschaftlichen Gepflogenheiten fließen ebenfalls durch wenige Charaktere mit ein. Die Historie der Stadt bildet eine passende Kulisse für die Handlung, die die Anfänge der Frauenbewegung beschreibt. Der Verein Frauenwohl bot den Frauen aus den unteren Gesellschaftsschichten Hilfe verschiedenster Art. Frauen wie Lida Heymann stehen Pate für Anne Fitzpatrick und werden wie nebenbei erwähnt.

Die Hafenärztin. Ein Leben für die Freiheit der Frauen ist der Auftakt zu einer Trilogie um starke Frauen im Kaiserreich. Anne Fitzpatrick und Helene Curtius kümmern sich um die gesellschaftlichen Missstände, wo auch Kommissar Rheyds Hilfe immer wieder benötigt wird. Der historische Krimi ist ein unbedingter Lesetipp.