Eindrucksvoller biographischer Roman!
Inhalt
Wie in seinem Buch „Die Geschichte von Mutter und Vater“ widmet sich der Autor auch hier seiner Familiengeschichte, er begibt sich zurück in das frühe 19. Jahrhundert und schildert das Leben seiner Ur-Urgroßmutter Marta Kristine Andersdatter Nesje (1793 – 1877), einer Frau, die ihrer Zeit voraus ist und es entgegen aller widrigen Umstände durchsetzt, Hebamme zu werden. Dieser Wunsch geht nicht nur auf das Bestreben, Frauen bei der Geburt sachgerecht zu unterstützen, sondern auch auf die Notwendigkeit, Geld zu verdienen, zurück. Als Häuslertochter stammt Marta Kristine aus einfachen Verhältnissen, ihr Vater ist Schuhmacher. Sie heiratet Hans Nesje, der aus einer besser gestellten Familie kommt, aber seit seinen Erlebnissen als Soldat traumatisiert ist. Zudem ist er auch noch von der „Schwermut“ betroffen, die in seiner Familie schon seit Generationen auftritt. Hans kann den Lebensunterhalt der wachsenden Familie – sie bekommen ein Kind nach dem anderen – nicht sichern, er verdient ein wenig durch Fischfang oder Aushilfsarbeiten, meist ist er nicht fähig zu arbeiten und macht überall Schulden. Die Familie ist dringend auf den Verdienst der Mutter angewiesen, doch der Beginn ihrer Tätigkeit, den sie nach dem Besuch der Hebammenschule in Christiania aufnimmt, gestaltet sich schwierig. Viele Bauernfamilien, deren Frauen einander seit Jahrhunderten gegenseitig beim Gebären unterstützen, sehen es nicht ein, eine Hebamme zu rufen und für die Geburtshilfe zahlen zu müssen. Marta Kristine prozessiert gegen die Familien und setzt durch, dass die Pflicht zur Zuziehung einer Hebamme gesetzlich verankert wird. Marta Kristine übernimmt auch die Pockenimpfungen in ihrer Gemeinde, doch trotz ihrer Einkünfte käme die Familie ohne die Hilfe ihres Vaters und ihrer ältesten, unehelichen Tochter Ingeborg kaum über die Runden.
Beurteilung
Überaus eindrucksvoll beschreibt Edvard Hoem die Lebensgeschichte seiner Ur-Urgroßmutter vor dem Hintergrund des 19.Jahrhunderts, wobei am Rande auch wichtige Meilensteine der norwegischen Geschichte gestreift werden. Im Mittelpunkt steht jedoch das karge, arbeitsreiche Leben der Bewohner des Romsdalfjordes, das nicht selten von Hunger geprägt ist. Trotz der Armut der Bevölkerung legen die Menschen Wert auf eine Schulausbildung der Kinder und diese lernen Lesen und Schreiben, auch die Verwaltung und Gerichtsbarkeit sind entwickelt. Die geburtshelferische Tätigkeit der Hebamme wird nicht so stark in den Mittelpunkt gerückt, wie man es angesichts des Titels erwarten könnte. Die Charaktere der Hauptfiguren Marta Kristine und Hans sind sehr detailliert und glaubwürdig ausgearbeitet, wobei der Autor sicherlich Einzelheiten selbst ausgestaltet, da die Quellen aus Kirchenbüchern und anderen Archiven hauptsächlich faktenorientiert sind. Marta Kristine wirkt nicht immer sympathisch, sie kann äußerst hart und entschlossen vorgehen, wenn es um die Wahrung ihrer Interessen geht. Für ihre Kinder kann sie nicht genug Zeit aufbringen, aber sie ist ihrem psychisch kranken Ehemann gegenüber sehr verständnisvoll – in einer Zeit, in der man noch nicht viel von posttraumatischen Belastungsstörungen und Depressionen versteht. Der Erzählstil des biographischen Romans ist relativ nüchtern und wenig emotional, er passt aber gerade aufgrund dieser Faktenorientierung sehr gut zu den Schilderungen des einfachen Lebensstils im Norwegen des 19. Jahrhunderts sowie zur Persönlichkeit der Marta Kristine, die gerade durch die etwas „karge“ Erzählweise für den Leser sehr plastisch erlebbar wird. Sehr anschaulich sind auch die Landschaftsbeschreibungen, die Fjordbewohner leben relativ isoliert, an andere Orte gelangt man mit dem Ruderboot oder zu Fuß.
Fazit
Ein stellenweise bedrückender, sehr eindrucksvoller biographischer Roman über das Leben einer starken Persönlichkeit, ein Buch, das lange im Gedächtnis haftet!
Wie in seinem Buch „Die Geschichte von Mutter und Vater“ widmet sich der Autor auch hier seiner Familiengeschichte, er begibt sich zurück in das frühe 19. Jahrhundert und schildert das Leben seiner Ur-Urgroßmutter Marta Kristine Andersdatter Nesje (1793 – 1877), einer Frau, die ihrer Zeit voraus ist und es entgegen aller widrigen Umstände durchsetzt, Hebamme zu werden. Dieser Wunsch geht nicht nur auf das Bestreben, Frauen bei der Geburt sachgerecht zu unterstützen, sondern auch auf die Notwendigkeit, Geld zu verdienen, zurück. Als Häuslertochter stammt Marta Kristine aus einfachen Verhältnissen, ihr Vater ist Schuhmacher. Sie heiratet Hans Nesje, der aus einer besser gestellten Familie kommt, aber seit seinen Erlebnissen als Soldat traumatisiert ist. Zudem ist er auch noch von der „Schwermut“ betroffen, die in seiner Familie schon seit Generationen auftritt. Hans kann den Lebensunterhalt der wachsenden Familie – sie bekommen ein Kind nach dem anderen – nicht sichern, er verdient ein wenig durch Fischfang oder Aushilfsarbeiten, meist ist er nicht fähig zu arbeiten und macht überall Schulden. Die Familie ist dringend auf den Verdienst der Mutter angewiesen, doch der Beginn ihrer Tätigkeit, den sie nach dem Besuch der Hebammenschule in Christiania aufnimmt, gestaltet sich schwierig. Viele Bauernfamilien, deren Frauen einander seit Jahrhunderten gegenseitig beim Gebären unterstützen, sehen es nicht ein, eine Hebamme zu rufen und für die Geburtshilfe zahlen zu müssen. Marta Kristine prozessiert gegen die Familien und setzt durch, dass die Pflicht zur Zuziehung einer Hebamme gesetzlich verankert wird. Marta Kristine übernimmt auch die Pockenimpfungen in ihrer Gemeinde, doch trotz ihrer Einkünfte käme die Familie ohne die Hilfe ihres Vaters und ihrer ältesten, unehelichen Tochter Ingeborg kaum über die Runden.
Beurteilung
Überaus eindrucksvoll beschreibt Edvard Hoem die Lebensgeschichte seiner Ur-Urgroßmutter vor dem Hintergrund des 19.Jahrhunderts, wobei am Rande auch wichtige Meilensteine der norwegischen Geschichte gestreift werden. Im Mittelpunkt steht jedoch das karge, arbeitsreiche Leben der Bewohner des Romsdalfjordes, das nicht selten von Hunger geprägt ist. Trotz der Armut der Bevölkerung legen die Menschen Wert auf eine Schulausbildung der Kinder und diese lernen Lesen und Schreiben, auch die Verwaltung und Gerichtsbarkeit sind entwickelt. Die geburtshelferische Tätigkeit der Hebamme wird nicht so stark in den Mittelpunkt gerückt, wie man es angesichts des Titels erwarten könnte. Die Charaktere der Hauptfiguren Marta Kristine und Hans sind sehr detailliert und glaubwürdig ausgearbeitet, wobei der Autor sicherlich Einzelheiten selbst ausgestaltet, da die Quellen aus Kirchenbüchern und anderen Archiven hauptsächlich faktenorientiert sind. Marta Kristine wirkt nicht immer sympathisch, sie kann äußerst hart und entschlossen vorgehen, wenn es um die Wahrung ihrer Interessen geht. Für ihre Kinder kann sie nicht genug Zeit aufbringen, aber sie ist ihrem psychisch kranken Ehemann gegenüber sehr verständnisvoll – in einer Zeit, in der man noch nicht viel von posttraumatischen Belastungsstörungen und Depressionen versteht. Der Erzählstil des biographischen Romans ist relativ nüchtern und wenig emotional, er passt aber gerade aufgrund dieser Faktenorientierung sehr gut zu den Schilderungen des einfachen Lebensstils im Norwegen des 19. Jahrhunderts sowie zur Persönlichkeit der Marta Kristine, die gerade durch die etwas „karge“ Erzählweise für den Leser sehr plastisch erlebbar wird. Sehr anschaulich sind auch die Landschaftsbeschreibungen, die Fjordbewohner leben relativ isoliert, an andere Orte gelangt man mit dem Ruderboot oder zu Fuß.
Fazit
Ein stellenweise bedrückender, sehr eindrucksvoller biographischer Roman über das Leben einer starken Persönlichkeit, ein Buch, das lange im Gedächtnis haftet!