Ein etwas durchwachsener Ausflug ins Mittelalter

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phoenix84 Avatar

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In dem historischen Roman " Die Herrin der Kathedrale " von Claudia und Nadja Beinert lernt der Leser Uta von Ballenstedt, spätere Gräfin Uta von Naumburg kennen und begleitet sie über zwanzig mehr oder weniger bewegte Jahre. Der Einstieg beginnt dramatisch, wird Uta doch direkt zu Beginn in frühester Jugend vergewaltigt-was natürliche ihre eigene Schuld ist-und verliert kurz darauf ihre geliebte Mutter, bevor sie von der Burg verstoßen wird. Sie hat ihren gewalttätigen Vater als Mörder im Verdacht, und schwört sich, nicht eher zu Ruhen, bis sie ihrer Mutter Gerechtigkeit auf Erden verschafft hat. Ein schwieriges Unterfangen,kann sie doch als Frau im Mittelalter nicht für sich selbst sprechen und einfach so Anklage erheben. Ihr intriganter, machtbesessener Bruder Esiko von Ballenstedt macht es ihr auch nicht leicht. So ziehen gut zwanzig Jahre ins Land, ehe sie die Gelegenheit ergreifen kann, ihr Begehr vor dem Kaiser vorzubringen. Doch wie wird dieser entscheiden?

Bis es zum Finale des Buches kommt, muss sich der Leser mitunter etwas in Geduld üben, denn Utas Leben hat viele Stationen: ob als Schwester im Kloster Gernrode, Hofdame im Gefolge der Königin Gisela von Schwaben oder spätere Gräfin von Naumburg, wo sie auch nicht unerhebliche zeichnerische und organisatorische Beteiligung am Bau der Kathedrale zu Naumburg ausübt.
Nicht alle diese Stationen sind durchweg spannend, dafür bauen die Autorinnen im letzten Drittel einige interessante Wendungen ein, die dann doch noch zu fesseln vermögen.
Die Sprache des Buches ist oft blumig-geschwollen, aber dieser Stil passt sehr gut in die mittelalterliche Zeit und man gewöhnt sich rasch daran. Man lernt sehr viele Charaktere kennen. Hier ist das Glossar sehr hilfreich, damit man die jeweilige Person zuordnen kann.
Nicht jede dieser Personen ist charakterlich fein und detailliert ausgearbeitet, was hinsichtlich der Fülle an Protagonisten aber sonst sicherlich auch den Rahmen gesprengt hätte.
Allerdings blieb mir auch Uta seltsam fern; obwohl sie sich in diesem historischen Roman durch ihre und Auffassungsgabe und Neugierde, der sie im Gegensatz zu anderen Frauen dieser Zeit auch nachgibt, sicherlich profiliert , hätte ich mir vielleicht ein paar Ecken und Kanten gewünscht.
An historische Fakten hält man sich übrigens nicht ganz genau, aber darüber sehe ich hinweg, da es sich hier schließlich auch nicht um ein Sachbuch handelt.
Nichtsdestotrotz ist " Die Herrin der Kathedrale " ein lesenswerter Roman für herbstliche Schmökerabende!