"Leben oder Tod?"

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irve Avatar

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Stell dir vor, deine Berufung ist es, Leben zu retten. Die arbeitest mit Herzblut daran, andere Herzen zum Weiterschlagen zu bewegen, und plötzlich sollst du ein Herz stillstehen lassen. Denn, tust du dies nicht, stirbt dein Kind.
Zugegebenermaßen ist dieses Szenario nicht sehr realitätsnah, aber in einer fiktiven Geschichte darf das gerne so sein, oder?

Als Herzchirurgin Anna nach einer furchtbaren Schicht denkt, es kann nicht noch schlimmer kommen, irrt sie sich. Denn anstelle von ihrem Sohn liebevoll begrüßt zu werden, als sie endlich zuhause ankommt, warten skrupellose, zwielichtige Typen auf sie. Annas Leben steht kopf, denn sie selbst steht von nun an unter Beobachtung des Trupps – solange bis sie bei ihrer nächsten OP einen machtvollen Politiker ins Jenseits befördert hat. Und natürlich muss alles nach einem natürlichen Tod während der Operation aussehen, kein Verdacht darf auf sie fallen, sonst war es das mit einer Fortführung des Mutter-Sohn-Glücks.
An der Stelle habe ich mich gefragt, wie ich reagiert hätte. Natürlich würde ich alles für mein Kind tun, aber jemanden töten? Das kann ich nicht. Das will ich nicht. Das darf ich nicht. Wie gut, dass ich das alles nicht im realen Leben, sondern im Buch erlebe!!

Im selben Krankenhaus wie Anna ist die OP-Schwester Margot beschäftigt. Die beiden kennen sich zwar, mögen und schätzen sich jedoch nicht unbedingt. Als Margot in eine schwierige, ja eigentlich ebenso ausweglose Situation kommt wie Anna, nehmen die Dinge einen seltsamen Verlauf.

Der Thriller wird wechselnd aus drei Perspektiven erzählt, denen von Anna und Margot, zusätzlich bringt der Autor noch die ermittelnde Detective Inspector Conaty ins Spiel. Denn in der Zwischenzeit ist – nicht auf dem OP-Tisch! - eine Leiche gefunden worden, die die Handschrift des Organisierten Verbrechens trägt. Wie passt das nur alles zusammen! Ich war sehr gespannt, zumal die DI ein unglaublich gutes Gespür und Bauchgefühl hat.

Die Geschichte war mir – Fiktion hin oder her – dann doch zu konstruiert und wirkte zunehmend an den Haaren herbeigezogen. Manche Dinge passierten zu zufällig, andere wurden zu plump abgehandelt. In sich ist der Thriller aber definitiv stimmig. Die Spannungskurve entwickelt sich angenehm, was sicher unter anderem an den vielen Wenden liegt. Auch die drei Blickwinkel, aus denen erzählt wird, bringen Abwechslung und interessante Einspieler in die Geschichte. Über allem steht natürlich die aktuelle Sorge Annas um ihren Sohn Nick, die mir gemeinsam mit ihr gelegentlich die Kehle zuschnürte. Aber auch in Margots Leben geht es von Kindesbeinen an turbulent zu und ein wenig wird sie nun von ihrer Vergangenheit eingeholt. Ebenso geht es DI Conaty, denn in ihrem Leben gibt es einen Punkt, der alles in ein Davor und ein Danach teilt.

So ist „Die Herzchirurgin“ alles in allem ein in sich schlüssiger, gut geplotteter, spannungsreicher Thriller voller überraschender Wenden und mit interessanten Charakteren, der mir persönlich jedoch durch zu viele zufällige Zufälle überkonstruiert ist.