Eher abstrakt

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ann-kathrin Avatar

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"Beten war notwendig, eine Gewohnheit wie Schlafen oder Atmen. Aber der Glaube war noch etwas anderes. Und ihr Glaube war nicht mehr der der anderen. [...] Marthas Glaube war ähnlich, sie hielt sich lieber an das, was sie sehen, hören und berühren konnte. Wie Stockrosen. Wie Steine, die man für tote Kinder küsst. Wie einen kleinen wächsernen Atzmann." S. 32

In dem Buch "Die Hexen von Cleftwater" von Margaret Meyer geht es um die Hexenverfolgung. Im Zentrum steht eine ältere, stumme Magd. Sie hilft seit vielen Jahren allen Frauen im Ort bei der Niederkunft. In letzter Zeit gab es jedoch vermehrt Geburten von nicht lebensfähigen Kindern. Gleichzeitig kommt die Hexenverfolgung in den Ort und bringt Frauen scheinbar wahllos in den Kerker und auf den Scheiterhaufen. In der Folge Misstrauen sich die Dorfbewohner gegenseitig.

Ich fand den Anfang und das ganze Thema sehr spannend. Aber leider konnte ich überhaupt keinen Bezug zur Hauptfigur aufbauen. Und auch die anderen Figuren bleiben eher blass. Das Zitat oben ist sehr sinnbildlich dafür. Einerseits fand ich es beim Lesen schön. Andererseits ist es auch irgendwie abstrakt und bringt mich von der Protagonistin weg. Ich finde der erste Teil klingt sehr modern und so als hätte sie sich in Zeiten der Hexenverfolgung von der Kirche abgewandt und nutzt sie quasi nur noch spirituell. Viele Zeilen später kommt dann aber die zweite Hälfte des Zitats, wodurch klar wird, dass es ihr nicht wirklich darum geht, dass sie an das glaubt, was ihre Sinne ihre zeigen, sondern an Aberglauben. Sie klammert sich an Dinge, die sie anfassen kann und die ihr die Möglichkeit für Rituale geben.

So richtig klar wurde mir dadurch nicht, woran sie glaubt. Sie hat diesen Atzmann und anderen Aberglauben von ihrer Mutter. Aber ob sie deshalb an Magie glaubt und ob diese für ihn mit dem Teufel verbunden ist, blieb mir verborgen. Generell finde ich ihre Reaktionen nicht ganz nachvollziehbar bzw. einfach zu unbegründet und ohne ihre Gedanken dargestellt. Am Anfang ist ihre Bekannte (vielleicht auch Freundin, da bin ich nicht sicher) im Kerker und die meiste Zeit verbringt die Prota damit, den Atzmann rauszuholen und loszuwerden und wiederzufinden ... Aber damit, dass sie auch verdächtig wird oder ob sie nun grundsätzlich an Hexen glaubt (und dass diese auf den Scheiterhaufen gehören) wird nicht klar.

Vielleicht habe ich auch etwas zu moderne Ansprüche an den Charakter. Andererseits denke ich, dass die Situation auf jeden Fall starke Emotionen hervorrufen müsste. Und von denen habe ich leider nichts gespürt.

Fazit:
Wenn Du Interesse an der Hexenverbrennung hast und lieber einen Roman als ein Sachbuch lesen möchtest, kann ich das Buch empfehlen. Wenn für Dich die Nähe zu Charakteren beim Lesen oberste Priorität hat, würde ich eher zu einem anderen Buch raten.