Leider nicht überzeugend

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Das Cover des Buches mag ich richtig gerne. Mir gefällt das schlichte dunkelblaue Cover mit der einzelnen Diestel, was zusammen mit der goldenen Schrift unglaublich edel wirkt und das Buch zu etwas Besonderem macht.

Die Geschichte klang ebenfalls sehr vielversprechend: Die stumme Martha Hallybread lebt 1645 in Cleftwater. Sie lebt als ehemalige Amme mittlerweile als Dienerin auf dem Anwesen ihres Dienstherren und ist auch als Hebamme und Heilerin erste Ansprechpartnerin für die Menschen im Dorf bei allerlei Beschwerden. Das gilt auch für ihre Nachbarn, die Martha bei der Geburt ihres Kindes unterstützt, doch das Kind stirbt und ihre Helferin Prissy wird plötzlich verdächtigt, eine Hexe zu sein. Der einflussreiche Hexenjäger Silas Makepeace beauftragt ausgerechnet Martha, ihn bei der Suche nach weiteren Hexen in dem kleinen Ort zu unterstützen. Doch diese hat ein Geheimnis, dass ihr ihr Leben kosten könnte, schließlich hat sie von ihrer Mutter eine Lehmpuppe geerbt, die ihr scheinbar immer wieder aus schwierigen Situationen zu helfen scheint.

Ich war wirklich gespannt auf das Buch, weil ich sowohl das Setting im 17. Jahrhundert als auch die Protagonistin spannend fand, aber leider konnte es mich zu keinem Zeitpunkt überzeugen. Das liegt auch am Schreibstil. Der ist zwar nicht schlecht, aber schafft es nicht, mich wirklich in die Geschichte zu ziehen. Manchmal hatte ich zudem das Gefühl, dass die Szenen fast wahllos aufeinanderfolgen, weil sie scheinbar nicht wirklich was miteinander zu tun haben.

Das beeinflusst auch die Story, die mir aber noch weniger gefällt als die Art, wie das Buch geschrieben ist. Ich habe einen historischen Roman über die Hexenverfolgung in England erwartet und ich weiß, dass ich bei sowas sehr hohe Ansprüche habe, aber ich habe bis zum Schluss nicht richtig verstanden, was das Buch sein wollte. Für mich persönlich war es weder ein historischer Roman noch ein literarischer, sondern es wirkte oft so, als wäre Martha mit recht modernen Überzeugungen ins 17. Jahrhundert versetzt worden, während das Umfeld sehr stereotypisch für diese Zeit dargestellt wird. Das macht das ganze in meinen Augen einfach sehr unglaubwürdig. Natürlich ist es gut, dass Martha die Hexenjagd nicht unterstützt, aber sie wirkt den anderen immer überlegen, obwohl sie eine nicht besonders hochgebildete Haushälterin ist, die Glück hatte, dass sie bei ihrer Familie untergekommen ist. Natürlich ist es nachvollziehbar, dass sie aufgrund ihrer Erfahrungen als Hebamme und Heilerin weiß, dass manche Dinge einfach passieren, dass Kinder an Krankheiten sterben, dass Vieh krank werden kann oder dass die Ernte aufgrund von Unwetter verdirbt, aber sie erklärt vieles aus einer viel zu modernen Perspektive zu der es mehr braucht, als einen gesunden Menschenverstand. Außerdem habe ich nicht verstanden, wie Martha mit ihrer Umwelt kommuniziert. Sie ist zwar nicht komplett stumm, spricht aber sehr selten aufgrund der Wucherungen in ihrem Hals (oder dem Wurm, wie sie ihn nennt) und dennoch scheinen alle zu verstehen, was sie sagen will. Dabei verstehe ich sogar, dass ihr Schützling Kit, den sie kennt, seit er ein Baby ist, sie verstehen kann, selbst bei den Menschen in dem kleinen Dorf kann ich mir das noch vorstellen, schließlich lebt sie schon ewig dort, aber Menschen von außerhalb, wie der Hexenjäger scheinen damit auch kein Problem zu haben. Das mag bei alltäglichen Gesten auch kein Problem sein, aber sie führt teilweise komplette Gespräche mit ihr fremden Leute ohne dass es auch nur einmal Verständigungsschwierigkeiten gibt. Das war für mich einfach komplett unrealistisch, zumal so gut wie nie ausgeführt wurde, wie genau sie sich verständigen. Selbst die Verständigung mit Kit fand ich ein bisschen zu einfach, weil sie angeblich nur ein bisschen lesen kann, aber mit ihm in einer Mischung aus Gesten und Buchstaben kommuniziert. Bei den anderen Charakteren hatte ich ebenfalls so meine Probleme, sie bleiben lediglich Statisten in der Geschichte und ich wusste nie, wer wer ist, weil sie keine richtige Hintergrundgeschichte bekommen haben.

Alles in allem hatte ich während des gesamten Buchs das Gefühl, dass das Buch eine Parabel auf aktuelle Ereignisse sein sollte und ich es einfach nicht verstanden habe. Das liegt vermutlich auch daran, dass ich viel lieber einen wirklichen historischen Roman gelesen hätte, mit einer sympathischen Protagonistin und nachvollziehbaren Handlungssträngen, aber das alles fehlte mir hier, sodass ich mich fast schon ein bisschen durch das Buch quälen musste und am Ende absolut enttäuscht war.